Syrische Rebellen bereiten sich auf „Stunde Null“ vor

Damaskus/Istanbul (dpa) - Die Frage, ob der syrische Präsident Baschar al-Assad, im Falle einer drohenden Niederlage Giftgas einsetzen würde, bewegt nicht nur die syrische Opposition. Russland widersprach am Freitag US-Angaben über einen möglichen Chemiewaffeneinsatz der Regierung.

„Wir haben keine Beweise für Pläne zur Anwendung chemischer Waffen“, sagte Nato-Botschafter Alexander Gruschko nach Informationen der Agentur Interfax. Er warf der Nato vor, sich mit der geplanten Stationierung von „Patriot“-Raketen in der Türkei bereits in den Syrienkonflikt einzumischen.

Doch selbst unter den Gegnern des Regimes gibt es viele, die die Diskussion über einen Giftgaseinsatz für ein Ablenkungsmanöver der USA halten. Sie vermuten, dass diese Gefahr von Washington jetzt aufgebauscht wird, um einen Vorwand für Aktivitäten gegen militante Islamisten in Syrien zu haben. „Die Amerikaner spielen ein gefährliches Spiel“, sagte ein syrischer Dissident in Istanbul.

Der Vorsitzende des Syrischen Nationalrats (SNC), George Sabra, sagte dagegen im Nachrichtensender Al-Arabija, ein Einsatz von Giftgas durch das Regime sei nicht auszuschließen. Die internationale Gemeinschaft müsse in Aktion treten, bevor es zu spät sei.

Die syrischen Rebellen bereiten unterdessen schon die Zeit nach einem Sturz von Präsident Baschar al-Assad vor. Offiziere der Freien Syrischen Armee (FSA) berieten über eine neue Führungsstruktur. Aus Kreisen der Assad-Gegner hieß es, die Deserteure wollten bei ihrem Treffen im türkischen Antalya einen Generalstabschef wählen, der auch nach dem erwarteten Sturz des Regimes die Armee führen solle. Eine Rebelleneinheit aus der östlichen Stadt Deir as-Saur erklärte jedoch, sie sei nicht bereit, diese neue Führung anzuerkennen.

Unabhängige Beobachter vermuten, dass die FSA durch den Aufbau einer geeinten Führungsstruktur verhindern will, dass ihr über einen Plan für die Zeit nach Assad eine Kommandostruktur aufgezwungen wird, die auch Assads frühere Partner Russland und China zufriedenstellt. Die Demonstrationen nach dem Freitagsgebet in Syrien standen diesmal unter dem Motto „Nein zu Friedenstruppen auf syrischem Boden“. Ein Dissident erklärte dazu: „Die internationale Gemeinschaft hat uns bisher nicht geholfen, dann brauchen sie jetzt auch nicht zu kommen, um die Anhänger des Assad-Regimes zu schützen.“

In Kairo gingen auch die Verhandlungen der Opposition über die Bildung einer Übergangsregierung weiter. Streit gab es um die Frage, ob der ehemalige Ministerpräsident Riad Hedschab in die Regierung aufgenommen werden solle. Einige Verbündete der Opposition hatten dies vorgeschlagen, um später eine Versöhnung zwischen den Bürgerkriegsparteien zu erleichtern.

Am Freitag konzentrierten sich die Kämpfe der Rebellen mit Regierungstruppen vor allem auf das Umland von Damaskus. Die Rebellen veröffentlichten ein Video, das sie auf einem erbeuteten Panzer in der Ortschaft Harasta zeigt. Am Donnerstag waren in Syrien nach Angaben von Aktivisten mehr als 80 Menschen getötet worden. Am Freitag zählten sie bis zum frühen Abend ebenfalls mindestens 80 Tote. Die meisten Opfer soll es wieder im Großraum Damaskus gegeben haben.

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