Trotz geistiger Behinderung: Marvin Wilson in den USA hingerichtet

Auch der Hinweis auf eine geistige Behinderung des wegen Mordes Verurteilten beeindruckt die texanische Justiz nicht.

Huntsville. Im US-Staat Texas ist wieder ein möglicherweise geistig behinderter Mann hingerichtet worden.

Der 54-jährige Marvin Wilson starb im Gefängnis von Huntsville durch eine Giftspritze, nachdem das Oberste Gericht der USA grünes Licht für die Exekution gegeben hatte. Wilson war wegen der Ermordung eines Polizeispitzels 1992 zum Tode verurteilt worden.

Seine Anwälte hatten geltend gemacht, dass ihr Mandant nur einen Intelligenzquotienten von 61 habe und damit eindeutig geistig zurückgeblieben sei.

Der Oberste Gerichtshof der USA hatte 2002 entschieden, dass geistig Behinderte nicht zum Tode verurteilt werden dürfen. Allerdings überließ das Gericht die Definition von geistiger Behinderung den Bundesstaaten. Nach der geltenden Definition von Texas war der nun Hingerichtete nicht geistig behindert.

Die Staatsanwaltschaft hatte argumentiert, dass der Test, bei dem der niedrige IQ von 61 festgestellt worden war, fehlerhaft gewesen sei. Andere Untersuchungen seitdem wiesen darauf hin, dass Wilson nicht als geistig behindert einzustufen sei. Auch die Art und Weise, wie er früher als Drogenhändler agiert und den Mord ausgeführt habe, deuteten auf Fähigkeiten hin, die die eines geistig Behinderten überstiegen.

Menschenrechtsgruppen wie Amnesty International hatten eine Verschonung Wilsons gefordert. Bereits im Juli war in Texas trotz massiver Proteste der möglicherweise geistig gestörte Yokamon Hearn hingerichtet worden. Seine Verteidiger hatten geltend gemacht, dass er an einer psychosozialen Behinderung leide und es keine angemessene medizinische Untersuchung gebe.

In den vergangenen Wochen hat außerdem ein ähnlicher Fall in Georgia für Aufsehen gesorgt. Dort sollte der verurteilte Mörder Warren Hill durch die Giftspritze sterben, obwohl er laut mehreren Gutachten einen Intelligenzquotienten von knapp 70 hat. Die Exekution war dann aber kurzfristig vom höchsten Gericht des Staates gestoppt worden, nachdem der 52-Jährige Einspruch gegen die Hinrichtungsmethode eingelegt hatte.

Die Hinrichtung von Marvin Wilson war nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International die siebte in diesem Jahr in Texas. Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe 1976 seien in dem Bundesstaat fast 500 Menschen exekutiert worden — mehr als ein Drittel aller vollstreckten Todesurteile in den USA. dpa

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