Vaclav Havel als Dramatiker

Prag (dpa) - Vaclav Havels wahre Leidenschaft war das Schauspiel. Der Sohn einer bürgerlichen Familie durfte in der kommunistischen Tschechoslowakei nicht studieren, stieß aber auf Umwegen zum Prager Theater am Geländer.

Anfangs verschob Havel dort Kulissen, später schrieb er dann Stücke für die Kammerbühne. Das kleine Theater, dessen Zuschauerraum maximal 150 Menschen Platz bot, war in den 1960er Jahren ein Kulturphänomen.

Es war die Zeit des Prager Frühlings. Neues konnte ausprobiert, das kommunistische System kritisch hinterfragt werden. Havel experimentierte mit dem absurden Theater, mit dessen satirischen Mitteln er den bürokratischen Einheitsbrei vorführen konnte. „Das war damals die Avantgarde und er blieb dabei“, erinnerte sich der im Oktober verstorbene Weggefährte Jiri Grusa im dpa-Gespräch. „Und plötzlich hat das ein Echo gehabt - und dann auch ein politisches.“

Eines von Havels bissigsten Dramen aus dieser Zeit war „Das Gartenfest“ von 1963. Darin veranstaltet ein „Amt für Auflösung“ eine Feier, auf der Beamte ohne Sinn und Verstand inhaltsleere Phrasen dreschen. Der junge Hugo wird in den Bürokratenstand eingeführt, perfektioniert deren Sprachhülsen und erlebt einen kometenhaften Aufstieg.

Nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen 1968 verhärtete sich die politische Atmosphäre in Prag radikal. Das Regime reagierte verärgert auf die kritischen Texte und verhängte ein Aufführungsverbot. Havel engagierte sich mit anderen Künstlern in der Charta 77, die mehr Bürgerrechte forderte. Er landete im Gefängnis.

Als politischer Häftling schrieb er „Briefe an Olga“, seine Ehefrau. Die Briefe verzeichneten Havels Suche nach Antworten auf existenzielle Fragen und erlaubten dem westlichen Leser einen Einblick in das Leben hinter dem „Eisernen Vorhang“.

Nach der demokratischen Wende von 1989 führten die Verpflichtungen als Staatsoberhaupt des neuen demokratischen Staates zu einer Schaffenspause. Erst vor drei Jahren feierte Havel dann ein vielbeachtetes Comeback mit dem Theaterstück „Abgang“. Mit der ihm eigenen Selbstironie verarbeitete er darin seine Präsidentenjahre und seine Polemiken mit seinem Nachfolger Vaclav Klaus.

Havel machte das Stück zu einem Film, der im März Premiere feierte. Die heimischen Kritiker wussten mit dem Werk, das an der Schnittstelle von Theater und Film operiert, zunächst wenig anzufangen. Doch für Havel schloss sich damit auch ein wichtiger Kreis zu seinen Familienwurzeln. Seine Vorfahren hatten das legendäre Prager Filmstudio Barrandov gegründet.

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