Waffenlieferung an Irak bleibt umstritten

Berlin (dpa) - Die Lieferung deutscher Waffen an die Kurden im Nordirak bleibt unmittelbar vor der Entscheidung der Bundesregierung an diesem Sonntag umstritten.

Waffenlieferung an Irak bleibt umstritten
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„Es darf nicht sein, dass die Regierungschefin und vier Minister geheim darüber entscheiden, ob Deutschland Waffen in Krisengebiete liefert“, sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag). Die Regierung plant die kostenlose Abgabe von Handfeuerwaffen und Panzerabwehrraketen an die kurdischen Peschmerga-Streitkräfte, um diese im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu unterstützen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will am Sonntagabend zunächst mit ihren Ministern Ursula von der Leyen (Verteidigung), Frank-Walter Steinmeier (Auswärtiges), Wolfgang Schäuble (Finanzen), Gerd Müller (Entwicklung) und Sigmar Gabriel (Vizekanzler und Wirtschaft) beraten. Dann werden sich Merkel und Gabriel noch mit CSU-Chef Horst Seehofer abstimmen.

Anders als bei bewaffneten Auslandseinsätzen der Bundeswehr hat das Parlament bei Waffenlieferungen kein Mitspracherecht. Die Regierung kann im Alleingang entscheiden. Allerdings soll der Bundestag an diesem Montag über einen Koalitionsantrag zur Unterstützung des Regierungskurses abstimmen. Dies hat jedoch nur symbolischen Wert. Davor wird Merkel die Entscheidung in einer Regierungserklärung erläutern. Die Grünen fordern ein generelles Mitbestimmungsrecht des Bundestages bei Waffenexporten.

Hofreiter geht davon aus, dass sich die Grünen gegen den Export von Waffen in den Nordirak aussprechen werden. „Wir diskutieren das derzeit noch. Ich lehne diese Waffenlieferungen ab und ich bin mir sicher, dass eine Mehrheit der Fraktion das genauso sieht“, sagte er der Mediengruppe „Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung“.

Linksfraktionschef Gregor Gysi sieht einen Verstoß gegen das Völkerrecht. „Die Situation ist schwierig, aber die Entscheidung der Bundesregierung ist verfehlt und völkerrechtswidrig“, schrieb er in einem Gastbeitrag für die „Rhein-Zeitung“.

Das Kinderhilfswerk terre des hommes appellierte an den Bundestag, die humanitäre Hilfe für den Irak zu verstärken. „Wir sind grundsätzlich gegen Waffenexporte in Krisengebiete“, sagte die Vorsitzende Danuta Sacher der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Bundesregierung sollte sich stattdessen für ein Eingreifen der Vereinten Nationen (UN) mit einem „robusten Mandat“ für den ganzen Irak einsetzen, da es nicht nur im Norden des Landes Tausende von Flüchtlingen gebe. Auch müsse die Regierung die humanitäre Hilfe für die Notleidenden massiv aufstocken und den Weg für die Aufnahme von deutlich mehr Flüchtlingen freimachen.

Union und SPD wollen die geplanten Waffenlieferungen in den Nordirak als Nothilfe in einer außergewöhnlichen außenpolitischen Lage billigen. Die Koalitionsfraktionen treten dafür ein, dass der Schwerpunkt des deutschen Engagements humanitäre Hilfe bleibt.

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth kritisierte das Verhalten des Nato-Partners Türkei im Kampf gegen die IS. Die frühere türkische Regierung von Recep Tayyip Erdogan spiele eine sehr negative Rolle, sagte sie am Samstag in Berlin. Von der Türkei würden Zugänge für Waffenlieferungen an die IS ermöglicht. IS-Kämpfer seien in türkischen Krankenhäusern behandelt worden. Vor wenigen Wochen habe es mitten in Istanbul ein Sommercamp der Terrormiliz gegeben. „Das geht natürlich gar nicht“, kritisierte die frühere Grünen-Chefin.

Der „Sächsischen Zeitung“ (Samstag) sagte sie, von der Leyen „geht es nicht um die Art der Waffen und den Empfänger der Lieferung, sondern darum, dass Deutschland nun auch in Kriegs- und Krisenregionen Waffen liefern kann“. Waffenlieferungen seien „eine falsche Strategie“. Es gebe genug Waffen im Irak.

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