Waffenlobby verliert Rückhalt

US-Präsident Obama drängt auf schnelle Gesetzesreformen.

Washington. Die US-Waffenlobby hat ihr Schweigen zum Schulmassaker von Newtown gebrochen. Die Zielrichtung ihrer Worte blieb am Mittwoch jedoch rätselhaft: Nach dem Amoklauf mit 27 Toten erklärte die National Rifle Association NRA, sie wolle weitere Verbrechen dieser Art verhindern.

Vier Tage nach dem Blutbad verkündete die mächtige Lobbygruppe, die bisher jeden Anlauf zu strengeren Waffengesetzen strikt bekämpfte, sie sei „geschockt, traurig und todunglücklich“. Zugleich meinte die Vereinigung, sie sei „bereit, sinnvolle Beiträge zu leisten, um zu helfen, dass so etwas niemals mehr geschieht“. Ganz Amerika fragt sich, was die Lobbyisten damit tatsächlich meinen — Sinneswandel oder Lippenbekenntnis?

Kein Zweifel: Beim Thema Waffengesetze dreht sich der Wind in den USA. Präsident Barack Obama scheint fest entschlossen, sein Versprechen auf rasches Handeln umzusetzen. Der Fernsehsender CNN berichtete, Obama wolle seinen Vize Joe Biden persönlich beauftragen, als Vorsitzender einer Kommission alle Möglichkeiten einer Verschärfung der Gesetze auszuloten — der 70-jährige Biden gilt als Mann für schwierige Missionen.

Bemerkenswert ist, dass sich seit Newtown — wo am Freitag 20 Grundschüler im Alter von sechs und sieben Jahren im Kugelhagel eines Sturmgewehrs starben — auch solche Politiker für strengere Gesetze erwärmen, die in der Vergangenheit von der NRA ausdrücklich als „wählbar“ eingeschätzt wurden.

Zu ihnen gehört der demokratische Senator Mark Warner aus dem traditionell konservativen Virginia. „Ich habe das Top-Rating der NRA“, sagt Warner. Aber der 58-Jährige hat auch drei Töchter. „Sie haben mich Freitagabend gefragt: ,Daddy, was unternimmst Du jetzt?’“

Er sei bisher ein entschlossener Befürworter des Zweiten Verfassungszusatzes gewesen, der das Recht der Amerikaner auf Waffentragen festschreibt. Doch nach dem Massaker in Newtown sagt Warner: „Genug ist genug.“ Und damit steht er nicht allein.

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