Weltstrafgericht spricht Ex-Milizchef von Massenmord frei

Den Haag (dpa) - Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat den ehemaligen Rebellenführer Mathieu Ngudjolo Chui vom Vorwurf des Massenmordes im Kongo freigesprochen und seine sofortige Freilassung angeordnet.

Es ist der erste Freispruch des Weltstrafgerichtes in seiner zehnjährigen Geschichte und erst sein zweites Urteil.

Der Angeklagte sei der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht schuldig, urteilten die Richter einstimmig. Die Anklage legte Berufung gegen das Urteil ein und beantragte, dass Ngudjolo weiter in Haft bleibe. Das lehnten die Richter jedoch am Abend ab.

Im Mittelpunkt der Anklage stand ein Blutbad im Dorf Bogoro im Ostkongo im Februar 2003. 200 Dorfbewohner waren damals auf grausame Weise niedergemetzelt worden. „Sie wurden erschossen, in Stücke gehackt oder lebendig in ihren Häusern verbrannt“, hatte der damalige Chefankläger Luis Moreno Ocampo zu Prozessbeginn 2009 geschildert. Hunderte Frauen und Mädchen seien vergewaltigt und von den Milizen als Sexsklavinnen missbraucht, Kinder zum Töten gezwungen worden.

„Es wurden zweifelsfrei schreckliche Verbrechen begangen“, sagte der Vorsitzende Richter Bruno Cotte in der Zusammenfassung des Urteils. Doch habe die Anklage nicht zweifelsfrei bewiesen, dass der 42-Jährige aktiv daran beteiligt oder dafür verantwortlich war.

Die Richter hatten die Glaubwürdigkeit von drei Hauptbelastungszeugen bezweifelt. „Die Tatsache, dass ein Angeklagter nicht schuldig gesprochen wird, bedeutet aber nicht, dass die Kammer ihn für unschuldig hält“, betonte der französische Richter.

Der ehemalige Chef einer berüchtigten Miliz hatte stets seine Unschuld beteuert. Auf seinen Freispruch reagierte er mit einem verhaltenen Lächeln. Er war 2008 dem Gericht überstellt worden.

Menschenrechtsorganisationen reagierten enttäuscht. „Das ist ein harter Schlag für die Opfer“, sagte Andre Kito, Sprecher von Menschenrechtsorganisationen im Kongo. Der Freispruch könne den Frieden in der ostkongolesischen Provinz Ituri in Gefahr bringen.

Wegen der Verbrechen in Bogoro ist auch der ehemalige Rebellenführer Germain Katanga angeklagt. Das Urteil gegen ihn soll 2013 gefällt werden.

Auch der erste Prozess des Weltstrafgerichtes befasste sich mit Verbrechen in dem blutigen Krieg in dem afrikanischen Land. Im Juli hatten die Richter in Den Haag den ehemaligen kongolesischen Rebellenführer Thomas Lubanga wegen der Rekrutierung und des Einsatzes von Kindersoldaten zu 14 Jahren Haft verurteilt.

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