Bahn-Chef ruft an — Mitarbeiter sollen Urlaub verschieben

Gewerkschaft übt harsche Kritik an Rüdiger Grube. Bahn sagt, man habe im Interesse der Kunden gehandelt.

Berlin/Frankfurt. Wenn das Chaos richtig groß ist, dann bricht Bahn-Chef Rüdiger Grube (Foto) nicht nur seinen Urlaub ab, sondern er greift auch gleich selbst zum Telefonhörer: Grube hat offenbar persönlich die Fahrdienstleiter des Mainzer Stellwerks angerufen, um sie zur Rückkehr aus dem Urlaub zu bewegen. „Im Interesse unserer Kunden, des Unternehmens und aller unserer mehr als 300 000 Mitarbeiter hat er eine Handvoll Mainzer Kollegen angerufen, und sie darum gebeten, sich zu überlegen, ob sie nicht ihren Urlaub verschieben können“, sagte Konzernsprecher Oliver Schumacher. „Ausdrücklich sollten sie eine Nacht darüber schlafen.“ Hintergrund ist der Personalmangel im Stellwerk Mainz, der seit gut einer Woche zu Zugausfällen und Umleitungen führt.

Mit der Aktion hat sich der oberste Bahnchef harsche Kritik eingehandelt. Dass Beschäftigte, die „dringend Urlaub brauchten, vom obersten Konzernlenker persönlich“ in einer „Telefonaktion“ angerufen würden, sei „ein Ding der Unmöglichkeit“, erklärte Alexander Kirchner, Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Es stelle sich die Frage, ob das Unternehmen so seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern gerecht werde.

Die EVG verlangt nun mehr Einfluss auf die Dienstpläne der Bahn. Bei einem Treffen mit den Personalvorständen der Bahn in Frankfurt forderte Kirchner zusätzliche Neueinstellungen in allen Bereichen, vermied es aber, eine konkrete Zahl zu nennen.

„Mainz ist die Spitze des Eisbergs“, sagte Kirchner. Konzernweit seien acht Millionen Überstunden und neun Millionen Stunden ausstehender Urlaub aufgelaufen.

Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber nannte die Vorgänge in Mainz ein „Debakel, das nicht mehr passieren darf“. Er wehrte sich aber gegen den Vorwurf, bei der Bahn gebe es keine Personalplanung. dpa

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