De Maizière erstmals ohne militärischen Schutz nach Afghanistan

Kabul/Masar-i-Scharif (dpa) - Verteidigungsminister Thomas de Maizière ist erstmals mit der zivilen Regierungsmaschine ohne Schutz vor Raketenangriffen nach Afghanistan geflogen. „Das ist auch ein Zeichen für die bessere Sicherheit hier im Norden“, sagte de Maizière nach der Ankunft.

„Das wird nicht immer so sein, ich habe das für heute mal so entschieden.“

Der CDU-Politiker landete am frühen Montagmorgen nach einem knapp sechsstündigen Direktflug aus Berlin mit dem VIP-Airbus am Hauptquartier der Bundeswehr im nordafghanischen Masar-i-Scharif. Bisher mussten Regierungsmitglieder bei Afghanistan-Reisen aus Sicherheitsgründen im usbekischen Termes zwischenlanden und dort für den Rest der Reise in ein Transall-Militärflugzeug mit Raketenabwehrsystem umsteigen.

Für den Weiterflug von Masar-i-Scharif Richtung Süden nach Kabul stieg der Minister dann allerdings doch wieder in eine Transall-Transportmaschine um, in der Splitterschutzwesten und Stahlhelme bereit lagen. Der Minister warnte davor, bei der Anpassung an die Sicherheitslage zu viel auf einmal zu wollen. „Alles weitere wird sich Schritt für Schritt finden“, sagte er.

Schwerpunkt der politischen Gespräche in der afghanischen Hauptstadt war die Ausbildung afghanischer Soldaten und Polizisten, die nach dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes Ende 2014 die alleinige Verantwortung für die Sicherheit im Land übernehmen sollen. „Die Zahl ist nahezu erreicht, die Qualität ist sehr gut geworden“, sagte de Maizière nach einem Gespräch mit seinem Amtskollegen Bismullah Khan. „Ich glaube, dass diese Armee zu den besseren Einrichtungen in ganz Afghanistan gehört.“ Sie könne ein stabilisierender Faktor in der Entwicklung des Landes sein.

Die internationale Gemeinschaft hat sich den Aufbau der afghanischen Armee und Polizei auf 352 000 Kräfte zum Ziel gesetzt. 97 Prozent sind inzwischen erreicht. Khan verwahrte sich gegen Einschätzungen, die Afghanen seien nicht in der Lage, nach dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes alleine für die Sicherheit des Landes zu sorgen. „Das entbehrt jeder Grundlage und ist unwahr“, sagte er. Es handele sich um reine Propaganda. „Ich persönlich bin optimistisch, was 2014 angeht.“

De Maizière äußerte sich zurückhaltend zur möglichen Versorgung der afghanischen Armee mit Waffen. „Wir wissen, dass es einen Mangel an Waffen gibt.“ Lieferungen müssten aber zwischen den Bündnispartnern koordiniert werden. „Bisher liegt der Schwerpunkt der Übergabe der Ausrüstung bei den Amerikanern. Ich vermute, das wird auch so bleiben.“

Die Sicherheitslage im Norden Afghanistans gilt im Vergleich zum Süden und Osten bereits als relativ gut. Nur drei Prozent der Angriffe und Anschläge der Taliban auf afghanische und ausländische Sicherheitskräfte werden im nordafghanischen Zuständigkeitsgebiet der Bundeswehr verübt. Seit fast eineinhalb Jahren sind keine deutschen Soldaten mehr getötet worden. Dennoch kommt es auch im Norden immer wieder zu schweren Zwischenfällen. So riss im vergangenen Monat ein Selbstmordattentäter in einer Moschee in der Stadt Meimane mehr als 40 Menschen mit in den Tod.

Nach Auffassung des Sprechers der internationalen Schutztruppe Isaf, Bundeswehr-General Günter Katz, verzerren solche spektakulären Anschläge aber die allgemeine Wahrnehmung der Sicherheitslage. „Medienwirksame Anschläge schaffen ein verfälschtes Bild im Ausland“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Die Zahl der Anschläge und Angriffe der Taliban habe in den vergangenen drei Monaten um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum abgenommen.

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