Der Zwei-Millionen-Euro-Handschlag

Zwei Reporter dokumentieren, wie nah sich Gerhard Schröder und der Finanzinvestor Maschmeyer waren — Honorarsumme inklusive.

Der Zwei-Millionen-Euro-Handschlag
Foto: dpa

Hannover. Ein Handschlag sollte reichen. Aber da hatte Carsten Maschmeyer scheinbar die Rechnung ohne einen misstrauischen Beamten des Finanzamts Hannover gemacht. Also musste der Gründer des Finanzdienstleisters AWD zwei Jahre später noch einen Vertrag aufsetzen. Der Titel der Autobiografie von Altkanzler Gerhard Schröder hieß darin falsch: „Erinnerungen — Mein Leben in der Politik“. Erschienen war sie da schon als: „Entscheidungen“.

Für die Nutzungsüberlassung habe er „an Herrn Schröder einen Vorschuss in Höhe von EUR 2 016 380,37 (inkl. USt) gezahlt“, heißt es in dem Vertrag, der zwei Reportern des „Stern“ zusammen mit Tausenden weiteren Dokumenten zugespielt worden war.

Zwei Millionen Euro für ein Buch, dessen Hardcover-Version keine 200 000 Mal verkauft worden ist? „Da kann man 300 000 Euro zahlen“, meint eine Vertreterin des Droemer Verlags am Donnerstag in Berlin. „Es war ein absurdes Honorar“, sagt Oliver Schröm, der mit seinem „Stern“-Kollegen Wigbert Löer das Buch „Geld — Macht — Politik: Das Beziehungskonto von Carsten Maschmeyer, Gerhard Schröder und Christian Wulff“ geschrieben hat. Die Vorstellung wurde aus Angst vor juristischen Schritten („Herr Maschmeyer ist sehr klagefreudig“) als geheime Kommandosache behandelt. Zitiert wird darin auch der Vertrag.

Vor etwa einem Jahr ereilte Schröm an den Hamburger Landungsbrücken ein Anruf: Ein Insider wollte Details zur AWD auspacken, das Unternehmen machte mit Finanzprodukten, Fonds und Riester-Verträgen gute Geschäfte — die Vertriebsmethoden sind umstritten, viele Bürger verloren Geld.

Bisher war beim Honorar Schröders, der von 1998 bis 2005 als Kanzler regierte, von einer Million Euro die Rede gewesen. Eine Sprecherin Maschmeyers betont, die Abweichung sei eine „Darstellungssache“. Nach Abzug aller Steuern und Abgaben sei die bereits bekannte Summe von einer Million übrig geblieben. Also geht es einfach nur um Brutto und Netto?

Das Buch thematisiert vor allem die „Niedersachsen-Connection“. Die Autoren verweisen auf einen Brief Maschmeyers an den Stahlunternehmer und späteren RWE-Chef Jürgen Großmann, mit den Ministerpräsidenten Schröder und später Christian Wulff „aufs richtige Pferd“ gesetzt zu haben.

Wulff holte die Nähe zu Maschmeyer später als Bundespräsident wieder ein, im Fall Schröder wird beschrieben, wie Maschmeyer bei einer Weiterentwicklung der Riester-Rente Änderungen verlangt haben soll. Der Unternehmer sah in der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge einen lukrativen Markt.

Im Buch wird behauptet, der Handschlagvertrag sei im August 2005 geschlossen worden. Da war Schröder noch im Amt. „Die Zusage der zwei Millionen vor der Wahl finde ich hochproblematisch“, meint der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick, der das Buch mit präsentiert. Maschmeyer lässt diese Darstellung zurückweisen: Den Handschlag mit Schröder habe es erst im November 2005 gegeben. Da war Schröder schon abgewählt.

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