Die Portugiesen wollen Merkel nicht sehen

Die Kanzlerin reist am Montag nach Lissabon. Die Bürger dort haben genug von Sparprogrammen.

Lissabon. Portugiesische Bürgerinitiativen und Gewerkschaften rüsten sich für einen heißen Empfang der deutschen Bundeskanzlerin Angel Merkel in der Hauptstadt Lissabon. In einem offenen Brief der Protestbewegung heißt es: „Frau Merkel, Sie sind nicht willkommen.“

Die Gewerkschaft CGTP und die einflussreiche Protestbewegung „Zum Teufel mit der Troika“ riefen zu Kundgebungen gegen den Merkel-Besuch auf. Aktivisten drohen, „in Lissabon Chaos zu säen“. Schon bei der Merkel-Visite in Athen vor einem Monat war es zu Protesten gekommen.

Am Montag wird Merkel in der Hauptstadt Lissabon zu einem sechsstündigen Kurzbesuch eintreffen und mit dem konservativen Regierungschef Pedro Passos Coelho über die schwierige Lage des Euro-Krisenlandes beraten.

Das hoch verschuldete Portugal hängt seit Frühjahr 2011 am Tropf des Euro-Rettungsfonds, welcher das südeuropäische Land mit einem 78-Milliarden-Kredit vor der Pleite bewahrte. Seitdem muss Portugal strenge Sparauflagen der Gläubiger-Troika erfüllen.

Die Regierung Portugals galt bisher als Troika-Musterschüler, weil sie die von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds geforderten Reformen mustergültig umsetzte. Doch nach harten Kürzungen staatlicher Leistungen, auch von Renten sowie Löhnen und immer neuen Steuererhöhungen scheint die Geduld der elf Millionen Portugiesen am Ende zu sein.

Die sozialistische Opposition, welche den Reformkurs bisher mittrug, kündigte die Zusammenarbeit mit der Regierung auf.

Die portugiesische Protestbewegung sieht Merkel „als die Hauptförderin der neoliberalen Doktrin“, welche Portugal „in den Ruin treibt“. Die Kanzlerin sei im Land „eine unerwünschte Person“. Die Polizei kündigte an, Merkel mit einem Großaufgebot zu schützen. Das Treffen mit dem Ministerpräsidenten findet außerhalb Lissabons in einer Festungsanlage statt.

Passos Coelho verteidigte Merkel gegen die Kritiker: Die Kanzlerin „hat uns geholfen“, den Bankrott zu vermeiden. Portugal wäre ohne den Einsatz Deutschlands, des größten Finanziers des Rettungsschirms, „in viel größeren Schwierigkeiten“. Der Sparkurs sei Portugal nicht aufgezwungen worden, sondern „Resultat der Schuldenpolitik“ früherer Regierungen. Natürlich werde er der Kanzlerin den roten Teppich ausrollen: „Merkel ist in Portugal immer willkommen.“

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