Eurokrise: Schäuble soll Klartext reden

Die Hilfe für Athen könnte diesmal deutsche Steuerzahler treffen. Im Bundestag erwarten Abgeordnete Details zur Rettung.

Berlin. „Nichts hält“, sagt ein Abgeordneter reichlich frustriert. So sehen das viele im Bundestag, wenn man sie auf die Lage in Griechenland anspricht. Die finanzielle Dauerkrise Athens dringt mit Macht auf die Tagesordnung. Abhängig von den Ergebnissen des Treffens der Finanzminister in Brüssel könnte es am Mittwoch im Bundestag hoch hergehen.

Ist Mittwoch der Tag der Wahrheit? Eigentlich ist Haushaltswoche, in der die einzelnen Etats der Minister für das kommende Jahr im Plenum debattiert und beschlossen werden. Doch der Fahrplan im Parlament ist wegen der Lage Athens ins Rutschen geraten.

Von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der gleich am Morgen einen Teil der Fraktionen, die zu Sondersitzungen zusammenkommen, über die Brüsseler Beschlüsse zur hellenischen Krise unterrichten wird, erwarten die Abgeordneten Klartext. Schäuble und die anderen Euro-Finanzminister wollten am Dienstagabend einen Beschluss zu neuen Hilfen an Athen fassen. Ein Ergebnis lag bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht vor.

Erstmals geht es darum, ob die deutschen Steuerzahler direkt in der Griechenland-Krise belastet werden. Hintergrund ist die Diskussion um einen Schuldenschnitt für Athen, wodurch ein Teil der bisher von Deutschland garantierten Staatsanleihen verloren wären.

Klar ist: Das EU-Krisenland braucht viel mehr Geld als erwartet. Allein durch die im Troika-Bericht geplante Fristverlängerung des Reformprogramms um zwei Jahre klafft eine neue Lücke von bis zu 33 Milliarden Euro im griechischen Etat. Außer einem Schuldenschnitt steht deshalb auch ein drittes Hilfspaket im Raum. Das müsste der Bundestag jedoch beschließen. Es regt sich Widerstand.

Schäuble muss vor allem Schwarz-Gelb überzeugen, denn geht es um Griechenland, wankt die eigene Mehrheit der Kanzlerin mehr denn je. Schon bei den letzten Abstimmungen zur Euro- und Griechenland-Rettung haben einige Abgeordnete der Koalition nur mit der Faust in der Tasche und nach Disziplinierung durch die Fraktionsführungen zugestimmt.

„Mein Optimismus bleibt bestehen“, so Unionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer. Schließlich habe man bislang immer eine eigene Mehrheit gehabt. Gleichwohl räumt er ein: „Jeder weitere Schritt, der das Problem nicht vollständig löst, wird mit Vorbehalten und Nachfragen verbunden sein.“

Sollten tatsächlich neue Hilfen notwendig sein oder gar milliardenschwere Verluste auf den deutschen Steuerzahler zukommen, hätte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) noch ein ganz anderes Problem — ihre Glaubwürdigkeit wäre dann wohl angekratzt. Sie will nächstes Jahr bei der Bundestagswahl wiedergewählt werden, da machen sich geplatzte Milliardenkredite nicht sonderlich gut.

In Berlin wird deshalb spekuliert, dass Merkel und Schäuble der Versuchung erliegen könnten, durch Zins- und Darlehentricks weiter auf Zeit zu spielen — wovor aber beim Koalitionspartner FDP gewarnt wird. Nichts wäre schlimmer, heißt es, als eine Scheinlösung, die das Problem dann im nächsten Sommer wieder hochkommen lasse.

Etwas komfortabler ist da die Situation der SPD: Die Sozialdemokraten fordern schon länger einen Schuldenschnitt für Griechenland. Sie wittern jetzt ihre Chance, beim Thema Euro punkten zu können. Merkel müsse der Bevölkerung endlich „die volle Wahrheit“ über die Folgen von weiteren Griechenland-Hilfen für Deutschland sagen, so Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Die Zeit der jahrelangen Täuschungen sei vorbei.

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