Fernbusse greifen Bahnmonopol an

Niedrigere Preise, direkte Verbindungen und kostenloses W-Lan sollen Kunden von der Schiene auf die Straße locken.

Freiburg. Als im Radio die Nachrichten kommen, steht dem Busfahrer die Schadenfreude ins Gesicht geschrieben. „Hört gut zu“, ruft er und dreht für die Passagiere die Lautstärke auf. „Da seht ihr, warum sich Bus fahren lohnt.“ Gemeint ist die Erhöhung der Bahn-Fahrpreise, die der Moderator gerade verkündet.

Schon jetzt kostet ein reguläres Zugticket von Freiburg nach München 88 Euro. Für die gleiche Strecke im Omnibus mussten die Passagiere nur 24 Euro auf den Tisch legen. „Jetzt bekommt die Bahn die Quittung dafür, dass sie die Direktverbindung zwischen Freiburg und München eingestellt hat“, sagt ein älterer Herr.

Der Groll hat sich schon länger aufgestaut, denn Busse dürfen auf innerdeutschen Fernlinien bisher nicht verkehren. Grund ist ein Uralt-Gesetz von 1934, das die staatlich finanzierte Eisenbahn vor Konkurrenz schützen soll — bisher jedenfalls. Vergangenes Jahr dann der erste Vorbote der Liberalisierung: Das Landgericht Frankfurt gab der von Studenten gegründeten Firma „DeinBus.de“ recht, die Busse je nach Bedarf anmietet — wie bei einer Mitfahrzentrale.

Die Bahn hatte erfolglos gegen die Friedrichshafener Firma geklagt, weil sie unzulässigen Linienverkehr anbiete. Die Politik zog nach: Nach langen Verhandlungen hat die Bundesregierung das überholte Monopol nun abgeschafft. Ab 2013 dürfen bundesweit Fernbusse rollen.

Nicht alle wollten so lange warten. Bereits seit März bedient das Berliner Unternehmen „MeinFernbus“ die Strecke nach Freiburg. Weil der Weg direkter und in der Regel günstiger als bei der Bahn ist, erhielt „MeinFernbus“ eine Konzession. „Es war sehr viel Schriftverkehr nötig, bis wir die Genehmigung hatten“, schildert Geschäftsführer Torben Greve das Verfahren. Durch die Reform könne man neue Strecken in Zukunft viel leichter in Betrieb nehmen.

Mehr als 60 000 Passagiere hat das Unternehmen laut eigenen Angaben bisher befördert. „Es läuft gut“, sagt Greve und spricht von einer „sehr hohen Auslastung“ der bestehenden zwei Linien. Wie viel Umsatz die Firma bisher gemacht hat, will er nicht verraten. „Wir schreiben aber schon schwarze Zahlen.“

Zurück im Bus. Mit Getränken für 1,50 Euro und einer sauberen Toilette werden die Passagiere bei Laune gehalten. Die Sitze sind bequem, wirken aber enger als im Zug. Dafür ist das W-Lan kostenlos.

Ob deshalb massenhaft Bahn-Kunden auf Linienbusse umsteigen werden, ist aber noch offen. „Der Buslinien-Fernverkehr greift vor allem Leute mit geringer Zahlungsbereitschaft ab“, glaubt Daniel Krimphoff vom Institut für Verkehrswissenschaft der Uni Münster. „Das sind Leute, die im Zweifel gar nicht reisen würden.“

Der deutsche Omnibusverband geht ebenfalls nur von einer „kleinen Wanderung“ aus. Derzeit fänden rund 60 Prozent der Passagiere über Mitfahr-Portale im Internet in den Bus, sagt Sprecher Tilman Wagenknecht. Die restlichen 40 Prozent seien „ältere, Bus-affine Leute, die nicht oft umsteigen wollen. Wir reden von Personen, die vorher nicht mit der Bahn, sondern mit dem Auto gefahren sind.“

Die Bahn kann die neuen Wettbewerber aber nicht einfach ignorieren. „Gegendruck wird nur über die Preisschraube gehen“, prophezeit Matthias Gather, Professor für Verkehrspolitik in Erfurt. Vom reinen Komfort her sieht er die Schiene im Vorteil: „Das ist ein ruhigeres und berechenbareres Reisen.“ Um diese Karte geschickt auszuspielen, müsse der Konzern aber seine Frühbucher-Rabatte ausbauen. „Wenn das gelingt, ist die Angst vor Konkurrenz nicht mehr als ein Sturm im Wasserglas.“

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