Forscher tüfteln an Atomendlager

Im Bergwerk wird der Umgang mit strahlendem Müll simuliert.

St. Ursanne. Laut sind Bohrungen immer, egal ob sie an der Oberfläche oder 350 Meter unter der Erde stattfinden. Doch tief unten im Opalinus-Tongestein, grell beleuchtet durch Baustellen-Strahler, dröhnt der Meißel besonders stark.

Je länger der Presslufthammer rattert, desto staubiger wird die Luft im Stollen. Die Bauarbeiter, die hier graben, tragen alle einen Mundschutz.

Der Berg, in dem sie arbeiten, liegt nördlich von St. Ursanne im schweizerischen Kanton Jura, rund eine Stunde Fahrtzeit von Basel entfernt. Tief in der Erde zerbrechen sich internationale Wissenschaftler den Kopf darüber, wie man Atommüll am besten lagern könnte.

Das Reizthema Atommüll beschäftigt die Schweiz ähnlich wie Deutschland. Auch nach dem Ausstieg aus der Kernenergie, den die Eidgenossen für 2035 anpeilen, werden sich künftige Generationen mit den strahlenden Überresten befassen müssen. Die Endlagersuche ist in vollem Gang.

In Mont Terri wird der Umgang mit radioaktivem Abfall bisher nur simuliert — bereits seit 16 Jahren. Das unterirdische Labyrinth reicht bis tief in den Berg hinein. An manchen Stellen sind die Wände so durchlöchert wie der Schweizer Käse, den es 350 Meter über dem Bergwerk zu kaufen gibt.

„In diese Löcher haben wir Sonden eingebracht, um bestimmte Entwicklungen zu beobachten“, erklärt Paul Bossart, Direktor des Mont-Terri-Projekts beim Schweizerischen Bundesamt für Landestopografie.

Einigkeit besteht in der Schweiz darüber, dass das Tongestein die richtige Wahl für künftige Endlager ist: Kommt es zu Rissen, zum Beispiel durch Erdbeben, verschließt sich das Material später wieder von selbst.

Eine Streitfrage: Wenn ein Endlager erst mal gefüllt ist, soll es dann für immer verschlossen werden? Darüber zerbrechen sich die Experten den Kopf. Wenn das Gebirge den Abfall im Stahlcontainer allmählich umschließt, sollte er versiegelt sein.

Doch daran hegt Bossart noch Zweifel: Was ist, wenn Terroristen in ein Endlager einbrechen und die Materialien zum Bau einer schmutzigen Bombe verwenden würden? Müsste man es nicht unwiederbringlich verschließen?

Andererseits zeigt der Wassereinbruch in der Asse in Niedersachsen, dass immer etwas schiefgehen kann — und der Atommüll im Notfall zurückgeholt werden muss. Doch auch das hätte Nachteile. Ein geöffnetes Lager müsste ständig gewartet und bewacht werden — über Jahrtausende.

„Nach dem heutigen Stand der Wissenschaft könnte man ein Tiefenlager bauen“, gibt sich Bossart insgesamt zuversichtlich. Allerdings räumt auch er ein, dass es noch „deutlichen Verbesserungsbedarf“ gibt — etwa bei der Bauweise der Stahlbehälter.

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