Freiheit — aber nicht für alle

Kubas geistige Elite und Kritiker sind von den Erleichterungen ausgenommen.

Havanna. Von 2013 an dürfen die Kubaner weitgehend frei reisen. Sofern sie einen Pass haben und auch das nötige Geld dazu. Das langwierige und verhasste Ausreiseverfahren fällt weg. Auch müssen die Kubaner keine Einladung mehr aus dem Land vorweisen, in das sie reisen wollen. „Vom 14. Januar 2013 an wird nur die Vorlage des gewöhnlichen Reisepasses verlangt und ein Visum für das Zielland, wenn ein solches verlangt wird“, lautet die Botschaft, die den elf Millionen Kubanern über die Parteizeitung „Granma“ verkündet wurde.

Die Regierung von Präsident Raúl Castro ist für wohldosierte und überlegte Schritte auf ihrem 2006 eingeleiteten Reformweg bekannt. Völlig anders als bei der Maueröffnung in Deutschland 1989 werden sich in Kuba aber keine Heerscharen aufmachen, um dem Sozialismus zu entfliehen. Und dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen.

Zunächst tritt die Neuregelung erst in drei Monaten in Kraft. Auch brauchen die Kubaner für fast alle Länder der Welt ein Visum. Zuallererst aber benötigen sie einen gültigen Reisepass — und auch den bekommen nicht alle.

„Mir hat man in fünf Jahren 20 Mal die Reiseerlaubnis verweigert. Werde ich sie nun bekommen? Wird die Öffnung so offen sein?“, fragte die regierungskritische Bloggerin Yoani Sánchez. „Meine Freunde sagen, dass ich mir durch das neue Migrationsgesetz keine Illusionen machen soll . . . Sie machten mir klar, dass ich auf der „schwarzen Liste“ stehe. Aber ich werde es versuchen!“ Dabei machte sie aber auch deutlich: „Wenn ich es schaffe zu reisen, dann um nach Kuba zurückzukehren.“

Bis jetzt benötigen Kubaner eine Sondergenehmigung, die sogenannte „Carta Blanca“ („Weiße Karte“), um das Land zu verlassen. Die Dimension der Reform war für die meisten Kubaner noch völlig unklar.

„Wenn es wahr ist, ist das ein positiver Schritt“, sagte Alfredo in Havanna. Der 36-jährige Sozialwissenschaftler gehört zur Gruppe, die mit möglichen Ausreiseeinschränkungen rechnen muss aufgrund ihrer hohen Qualifikationen. „Wir werden sehen, ob es nicht eine Gegenmaßnahme gibt.“ Er erfuhr von der Ankündigung durch einen Nachbar. „Ich würde gerne die Welt sehen, ein, zwei Jahre“, sagt er.

Für viele Kubaner, die mit einem Floß oder einfachen Lkw-Schläuchen von der Insel flohen, kommt die Reisefreiheit zu spät. Erst vorige Woche starben zwei Kubaner, als ihr Boot vor der mexikanischen Küste mit über 20 Flüchtlingen kenterte.

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