Hilfe aus dem Ruhrgebiet kommt nicht an

Bochum und Donezk verbindet seit langem eine Partnerschaft. Die Menschen spenden, doch die Pakete stapeln sich.

Hilfe aus dem Ruhrgebiet kommt nicht an
Foto: dpa

Kistenweise Kleidung aus zweiter Hand, Spielzeug für Kinder, Brillen und Rollatoren für Alte: Das Bochumer Lager mit Spenden für die Freunde im ukrainischen Donezk quillt fast über. Doch wegen der Eskalation in der ostukrainischen Rebellenhochburg kann die Hilfe aus der Partnerstadt nicht mehr dorthin, wo sie gerade jetzt so dringend gebraucht wird. „Ein beladener Lkw würde gar nicht bis in die Stadt kommen“, sagt Waltraud Jachnow, Ehrenvorsitzende der Gesellschaft Bochum-Donezk.

Seit mehr als 20 Jahren macht sich der Städtepartnerschaftsverein stark für die Bürger in der Großstadt im Kohlerevier Donbass. Jetzt schauen Jachnow und ihre Mitstreiter fassungslos und ohnmächtig auf die Geschehnisse in der Stadt, die sie in Friedenszeiten ein- bis zweimal im Jahr besucht haben. Seit Monaten wird sie von prorussischen Separatisten kontrolliert. Nun schickt sich die ukrainische Armee an, sie zurückzuerobern — Tag für Tag schlagen die Artilleriegeschosse ein.

„Auch unser Spendenkonto ist gut gefüllt. Aber wir können nicht sicher sein, dass unser Geld ankommt“, sagt die Vereinsvorsitzende Jutta Kreutz. „Das einzige was wir tun können, ist, mit regelmäßigen Anrufen moralische Unterstützung bieten.“

Aus E-Mails und Telefonaten mit Donezker Freunden erfährt Jachnow, wie schwierig die Lage für die Menschen ist. „Wer kann, der hat die Stadt verlassen. Es bleiben Kranke und diejenigen, die sich eine Flucht nicht leisten können und nicht wissen wohin.“ Wer habe bleiben müssen, berichte vom Klang nächtlicher Angriffe mit schwerem Geschütz. Von der Sorge um zur Neige gehende Lebensmittel, zusammenbrechenden Telefonleitungen. Nun sei auch das Wasser abgestellt worden. „Alle haben furchtbare Angst. Viele verlassen das Haus gar nicht mehr, weil sie fürchten, unter Beschuss zu geraten“, sagt Jachnow.

Angesichts der eskalierenden Lage in der Partnerstadt steht auch Bochums Stadtspitze hilflos da: „Es ist ganz katastrophal und problematisch — auch vor dem Hintergrund, dass wir als Stadt im Moment relativ wenig tun können. Das gelingt ja noch nicht einmal übergeordneten Behörden“, sagt Bochums Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD). Kontakt zu den Ansprechpartnern aus der Verwaltung zu halten, werde immer schwieriger. So habe ihr Amtskollege vor einigen Wochen die Stadt verlassen, nachdem er von Rebellen bedroht worden war. Auch wenn unklar ist, wie diese ihren Weg nach Donezk finden sollen, hoffe sie aber weiter auf Spenden der Bochumer, fügt Scholz hinzu.

Ein Bochumer Ehepaar verkauft beispielsweise seit zwei Jahrzehnten selbstgekochte Marmelade. Die Erlöse aus dem Marmeladenverkauf machen sie zu Großspendern für den Partnerschaftsverein. Eine Gesamtspendensumme von 80 000 Euro pro Jahr gibt die Gesellschaft Bochum-Donezk für leukämiekranke Kinder und einen örtlichen Sozialfonds mit Suppenküche und Essen auf Rädern weiter. Hinzu kommen Kisten mit Kleiderspenden, Spielzeug und medizinischem Hilfsgerät, die sich jetzt in der Sammelstelle türmen. Auch das angefragte Rote Kreuz sehe derzeit keine Möglichkeit, den Bochumern beim Transport zu helfen.

„Es ist hoffnungslos“, seufzt Jachnow. Doch von der Ohnmacht in der Partnerstadt Bochum will sie ihre Donezker Freunde nichts wissen lassen: „Es tut ihnen gut zu wissen, dass wir hier an sie denken.“ Ihre Botschaft an die Partnerstadt: „Wir sammeln weiter Hilfe für euch — und die kommt auch, sobald es irgendwie möglich ist.“

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