50 Jahre Anwerbeabkommen: Gekommen, um zu malochen

Vor 50 Jahren wurden die ersten Arbeitskräfte aus der Türkei angeworben. Mittlerweile ist Deutschland ihre Heimat.

Düsseldorf. Am Fußball scheiden sich gewöhnlich die Geister, und das ist auch bei den türkischen Einwanderern in Deutschland so. „Wenn Deutschland gegen die Türkei spielt, sind meine Eltern für die Türkei und ich bin neutral“, sagt Cihan Sendan, Vorsitzender der Deutsch-Türkischen Freundschaftsföderation. Seine Eltern gehören zur ersten Generation, die mit der Bezeichnung Gastarbeiter nach Deutschland kam und sich lange Zeit fremd fühlte. Der 42-jährige Sendan hingegen empfindet ein Gefühl von Heimat. „Wir respektieren unsere Eltern, aber wir sind oft anderer Meinung“, erklärt er. Seine Generation lebe ein deutlich bewussteres Leben, vor allem, was die Sprachkenntnisse betrifft.

Am Sonntag jährt sich zum 50. Mal das Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei. Die Initiative ging damals vom türkischen Staat aus, da es der eigenen Bevölkerung wirtschaftlich schlecht ging und viele Menschen keine Arbeit hatten.

„Ich bin traurig, dass wir unser Land aus solchen Gründen verlassen mussten“, sagt Sendan. Doch mittlerweile sei Deutschland nicht mehr nur ein Gastland, sondern Heimat. „Wir haben als Migranten viel erreicht, und man sieht, wie erfolgreich wir sind.“

Die Generation seiner Eltern wurde von den deutschen Unternehmen vor allem für die harte Arbeit in Fabriken an Fließbändern, in Bergwerken und Eisenhütten angeworben. Untergebracht waren sie zunächst in einfachen Containern und Baracken. Seitdem hat sich nach Sendans Ansicht viel verändert: „Wir nehmen mittlerweile teil am gesamten gesellschaftlichen Leben.“ Wichtig ist ihm, dass es sich bei seiner und den nachfolgenden Generationen um deutsche Kinder türkischer Herkunft handelt.

Es mache ihn traurig, sagt Sendan, dass die Probleme in Bezirken wie Berlin-Neukölln oft verallgemeinert würden: „Wir sind 2,5 Millionen Menschen, da ist es normal, dass es auch mit einigen Schwierigkeiten gibt.“ Er glaube, dass Deutschland vielmehr ein Milieu-Problem hat, verursacht durch zu geringe Bildungschancen für sozial schwache Menschen. Sendan: „Das trifft Türken, aber auch andere Migranten und Deutsche.“ Es gebe auf der anderen Seite genug Beispiele für Erfolg in der Bildung: „Viele Türken sind heute in der Schule und an der Uni erfolgreich.“

Für die nächsten 50 Jahre wünscht sich Sendan mehr Zusammengehörigkeit in Deutschland: „Den Erfolg, den die Fußball-Nationalmannschaft mit den vielen Migranten hat, sollte es auch in allen anderen Bereichen geben. Wir sind eins.“

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