Analyse: Christian Wulff und die 500 000-Euro-Frage

Druck auf den Bundespräsidenten wegen seines privaten Kredits wächst. Kein Ende der Debatte.

Berlin. Die Kreditaffäre hat Bundespräsident Christian Wulff schweren Schaden zugefügt.

2008 suchte Wulff, damals Ministerpräsident von Niedersachsen, nach seiner Scheidung für sich und seine zweite Frau Bettina eine neue Bleibe. Für ein Einfamilienhaus in Großburgwedel bei Hannover borgte er sich im Oktober 2008 die 500 000 Euro.

Wulff lieh sich das Geld — wie er sagt — bei der Unternehmergattin Edith Geerkens. Nach einem umstrittenen Weihnachtsurlaub der Wulffs in einer Villa der Geerkens in Florida fragte der Grünen-Landtagsabgeordnete Stefan Wenzel Anfang 2010 nach geschäftlichen Beziehungen Wulffs zu Egon Geerkens, dem Ehemann. Die niedersächsische Staatskanzlei verneinte dies. Der Privatkredit, den Wulff inzwischen in ein Bankdarlehen umgewandelt hat, blieb unerwähnt.

Nachdem die „Bild“ den Kredit enthüllte, kam Wulff in Erklärungsnot. Nach tagelangem Schweigen erklärte er am Donnerstag: „Ich erkenne an, dass hier ein falscher Eindruck entstehen konnte. Ich bedauere das.“ Es handele sich um einen privaten Vertrag mit Frau Geerkens. Am Freitag berichtete der „Spiegel“ dann, de facto sei das Geld doch von Egon Geerkens gekommen. Das Geld stamme aber von seiner Frau, so der Unternehmer.

Eindeutig. Politiker müssen, wenn sie glaubwürdig bleiben wollen, unangreifbar und über jeden Verdacht persönlicher Vorteilsnahmen erhaben sein.

An Rücktritt denkt er nicht. Ruhe wird für ihn in dieser Sache aber so schnell nicht eintreten. SPD, Grüne und Linke forderten Wulff auf, alles über die Umstände des Kredits offenzulegen. „Wenn er das nicht kann, dann allerdings sollte er darüber nachdenken, ob er weiter Vorbild in Deutschland sein kann“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Der FDP-Abgeordnete Erwin Lotter fordert Wulffs Rücktritt.

Nach dem Reinfall mit ihrem Kandidaten Horst Köhler, der am 31. Mai 2010 plötzlich zurücktrat, schickte Merkel mit Wulff bewusst einen Berufspolitiker ins Rennen, der in der CDU die Karriereleiter nach oben kletterte. Wenn der nun unter Druck gerät, ist das auch für Merkel negativ.

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