Appelle an Käufer: Auf Herkunft von Kleidung achten

Dhaka/Berlin (dpa) - Hilfsorganisationen und Politiker haben nach dem tödlichen Fabrikbrand in Bangladesch an die Verbraucher appelliert, auf die Herkunft ihrer Kleidung zu achten.

Beim Kauf von Billigstprodukten sollten Kunden auch an die Situation in den Herstellerländern denken, sagte Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) der Nachrichtenagentur dpa. Die Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken müssten von den Unternehmen dringend geprüft werden, forderten mehrere Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen am Dienstag. Am Wochenende waren bei einem Feuer in einer Textilfabrik bei Dhaka mehr als 100 Menschen gestorben.

Der US-Handelsriese Wal-Mart, der wie C&A auch in der Unglücksfabrik herstellen ließ, hat derweil einem Lieferanten gekündigt. Die Fabrik in Bangladesch sei zwar schon länger nicht mehr mit Aufträgen bedacht worden, erklärte das Unternehmen. Allerdings habe der Lieferant die Fabrik ohne Erlaubnis als Subunternehmer eingesetzt. Bei Wal-Mart, vor einigen Jahren auch mit Filialen in Deutschland vertreten, war der Umsatz im dritten Geschäftsquartal um 3 Prozent auf 113,2 Milliarden Dollar (88,7 Mrd Euro) gestiegen. Die Fabrik Tazreen Fashion Limited gehört zur Tuba Group, die laut Unternehmenshomepage unter anderem für C&A, Carrefour und Wal-Mart produziert.

Niebel meinte, der Verbraucher könne seine Marktmacht einsetzen. „Wer ein T-Shirt für 99 Cent kauft, der muss - bei aller Freude über den niedrigen Preis - wissen, dass dieser niedrige Preis auf Kosten der Erzeuger geht - häufig in Entwicklungsländern.“ Auch Ex-Bundesarbeitsminister Norbert Blüm forderte ein neues öffentliches Bewusstsein. „Wir brauchen so eine Welle, dass es für die Schnäppchenjäger Grenzen der Menschlichkeit gibt“, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk.

In Bangladesch hissten die Textilfabriken am Dienstag im ganzen Land schwarze Flaggen. An Regierungsgebäuden und Privathäusern wehten die Nationalflaggen auf halbmast, da der Tag von der Regierung zum offiziellen Trauertag erklärt worden war. Mehrere Tausend Arbeiter zogen nach Polizeiangaben in Trauerumzügen durch das Industriegebiet Ashulia in der Nähe der Hauptstadt Dhaka. Sie trugen schwarze Fahnen und Trauerbinden.

Die Organisationen Medico international, Kampagne für Saubere Kleidung und das European Center for Constitutional and Human Rights schrieben in einem Aufruf: „Wir fordern alle Unternehmen, die in Bangladesch einkaufen, auf, endlich ihrer nötigen Sorgfaltspflicht nachzukommen.“ Auch sollten sie nach dem Brand eine angemessene Entschädigung zahlen.

Der deutsche Discounter KiK hingegen sieht das Problem in den asiatischen Fabriken. „Es gibt Brandschutzprogramme, Informationsmaterial für Mitarbeiter wie Filme oder Plakate. Es ist alles da, um Großbrände zu verhindern. Aber ich sehe eine Umsetzungslücke“, sagte KiK-Geschäftsführer Michael Arretz der Zeitung „Die Welt“ (Dienstag). Auch Bangladeschs Premierministerin Sheikh Hasina rief die Fabrikbesitzer dazu auf, mehr auf Arbeitssicherheit zu achten.

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