Bundesamt rechnet mit noch höheren Asylbewerberzahlen

Berlin/Nürnberg (dpa) - Angesichts der rasant steigenden Asylanträge fordern Deutschlands Kommunen mehr Unterstützung der Bundesländer. „Die Städte sind selbstverständlich weiter bereit, Menschen aus humanitären Gründen aufzunehmen.“

Bundesamt rechnet mit noch höheren Asylbewerberzahlen
Foto: dpa

Das sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus. „Wir wollen den Menschen helfen und sie ordentlich betreuen.“ Ohne zusätzliche Hilfe der Länder sei das aber kaum zu bewältigen. „Denn wir haben hier große Belastungen zu tragen.“

Articus beklagte, dass viele Städte und Gemeinden nur einen kleinen Teil ihrer Ausgaben von den Ländern zurückbekämen. „Das geht einfach nicht.“ Schließlich kümmerten sich die Kommunen im Auftrag der Länder um die Flüchtlinge.

Die Zahl der Menschen, die in Deutschland um Asyl bitten, steigt seit Jahren unaufhörlich. Allein im ersten Halbjahr 2014 stellten rund 77 000 Menschen einen Asylantrag - fast 60 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Für das Gesamtjahr rechnet das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit rund 200 000 Anträgen - und auch danach mit weiter steigender Tendenz.

In Staaten wie Syrien, dem Irak oder Afghanistan werde sich die Lage im Laufe der kommenden zwölf Monate nur wenig verändern, sagte der Chef des Bundesamtes, Manfred Schmidt, der Nachrichtenagentur dpa. „Wenn ich mir diese Regionen anschaue, kann ich aktuell prognostizieren, dass die Zugangszahlen weiter steigen werden.“ Schwierig seien Prognosen dagegen bei der Situation im Gazastreifen, dem Libanon oder Libyen.

Wenn die Entwicklung so weiter gehe, sei dafür auch mehr Personal nötig, sagte Schmidt. Derzeit warteten noch 115 000 Asylbewerber auf eine Entscheidung. „Das ist eine komplette Jahresarbeitsleistung, und in den ersten sechs Monaten haben wir wieder 77 000 neue Anträge bekommen“, sagte Schmidt und verwies auf das von der Bundesregierung vorgegebene Ziel einer Asylverfahrensdauer von höchstens drei Monaten. In diesem Jahr bekam die Behörde zusätzliche 300 Stellen, nunmehr arbeiten dort im Bereich Asyl etwa 1000 Mitarbeiter.

Die Asylbewerber, die in Deutschland Zuflucht suchen, werden nach einem bestimmten Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Dort werden sie zunächst in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht und dann weiter auf die Kommunen verteilt. Die Städte und Gemeinden kümmern sich um die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge. Wegen des wachsenden Zustroms sind viele Asylbewerberheime aber überfüllt. An einigen Orten werden inzwischen Hotels, Zelte oder Container genutzt, weil in den normalen Unterkünften kein Platz mehr ist.

„In vielen Städten - insbesondere in den Großstädten - gibt es einen großen Mangel an Unterkünften“, sagte Articus. Die Städte bräuchten für Um- oder Neubauten Investitionshilfen, die in einem Teil der Länder noch nicht bereitgestellt würden. „Es geht aber nicht nur um die Unterbringung. Es geht auch um eine vernünftige Betreuung dieser Menschen. Sie brauchen etwa Sprachförderung und gesundheitliche Versorgung. Da entstehen schon große Kosten.“

In Bayern bekämen die Kommunen rund 80 Prozent und in Schleswig-Holstein rund 70 Prozent ihrer Auslagen zurück. Manche Städte in Nordrhein-Westfalen bekämen dagegen nur 20 Prozent ihrer Kosten vom Land erstattet. „Das ist nicht in Ordnung“, kritisierte Articus. Viele Kommunen hätten ohnehin große finanzielle Probleme. Die zusätzliche Belastung treffe sie besonders hart.

Unterdessen will die Bundesregierung minderjährigen und traumatisierten Asylsuchenden einen Anspruch auf psychologische Hilfe gewähren. Das geht laut „Spiegel“ aus einer Antwort des Bundessozialministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervor. Die novellierte EU-Aufnahme-Richtlinie, die bis Mitte 2015 in deutsches Recht umgesetzt werden müsse, umfasse im Bedarfsfall „auch eine geeignete psychologische Betreuung“, heißt es. Die Bundesregierung werde die Umsetzung „alsbald in Angriff nehmen“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
BMS - Redakteur Stefan Vetter  in
Endlich Tempo
Bund und Länder wollen „beschleunigen“Endlich Tempo
Zum Thema
Aus dem Ressort