Bundestag beschließt einstimmig Ende der Praxisgebühr

Berlin (dpa) - Premiere im Hohen Haus: Keine Enthaltung, keine Gegenstimme - nur Zustimmung gab es für das Ende der Praxisgebühr. Nur noch bis zum Jahresende ist der Zehn-Euro-Aufschlag fällig.

Für das Ende der Zehn-Euro-Zahlung neun Jahre nach ihrer Einführung stimmten am Freitag alle 548 Abgeordneten, die an der Abstimmung teilnahmen. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) sprach von einem einmaligen Ergebnis: „Das habe ich noch nie erlebt im Deutschen Bundestag, also eine Premiere.“

In der Koalition war das Aus für die Gebühr eine Forderung der FDP, während die Union lieber daran festgehalten hätte, damit die Milliardenreserven der gesetzlichen Krankenversicherung nicht bald wieder dahinschmelzen. Die CDU/CSU ging aber den Schritt zusammen mit anderen Beschlüssen etwa zum Betreuungsgeld mit.

Nach Überzeugung von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) handelte es sich bei der in jedem Quartal beim ersten Arztbesuch zu zahlenden Gebühr um das größte Ärgernis für die Patienten. Die Hoffnung, die Gebühr könnte zur Beschränkung der Arztbesuche auf das Notwendige beitragen, habe sich nicht erfüllt. „Die Praxisgebühr ist keine sinnvolle Eigenbeteiligung“, sagte Bahr. Allerdings gelte auch, „dass es auch im Gesundheitswesen sinnvolle Eigenbeteiligungen braucht“. Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn sagte, die Union trage das Ende der Gebühr schweren Herzens mit.

Den Krankenkassen sollen die ihnen entgehenden knapp zwei Milliarden Euro im Jahr bei den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds ausgeglichen werden.

Bahr warf SPD und Grünen vor, für die Praxisgebühr verantwortlich zu sein, während Oppositionsredner hervorhoben, dass die Gebühr auf einen Kompromiss zwischen der früheren Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und dem damaligen Unionsfraktions-Vize Horst Seehofer (CSU) vor neun Jahren zurückging.

Der Linke-Abgeordnete Harald Weinberg hielt der Koalition vor, die Abschaffung der unsinnigen Praxisgebühr nur als Tauschgeschäft mit dem Betreuungsgeld geschafft zu haben - nach dem Motto: „Ein großer Murks beseitigt und einen noch größeren Murks geschaffen.“

Bahr hob hingegen den Nutzen für die Patienten hervor, indem er einen Witz zitierte: „Kommt ein Mann zum Arzt. Fragt der Arzt: Was fehlt ihnen? - Zunächst einmal zehn Euro, Herr Doktor.“ Damit sei nun Schluss.

Zudem beschloss der Bundestag mit den Stimmen der Koalition und der Linken bei Enthaltung von SPD und Grünen ein Assistenzpflegegesetz. Behinderte Pflegebedürftige sollen ihre Pflegeassistenten künftig nicht nur ins Krankenhaus, sondern auch in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen mit aufnehmen können. Die Opposition hält das nicht für ausreichend.

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