Bundeswehr: Antreten zur Generalinspektion

Karl-Theodor zu Guttenberg lässt die Strukturen durchforsten, weil immer neue Vorwürfe gegen Offiziere laut werden.

Berlin. Es sind schwierige Tage für den Verteidigungsminister: Am Mittwoch soll Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) dem Verteidigungsausschuss des Bundestages Rede und Antwort stehen. Bereits am Dienstag wird der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus seinen Jahresbericht vorstellen. Ein Schwerpunkt: die Gorch-Fock-Affäre. Guttenberg hatte in der Nacht zum Samstag entschieden, deren Kommandeur Norbert Schatz abzusetzen und das Segelschulschiff nach Deutschland zu beordern.

Guttenberg sah sich dazu gezwungen, nachdem sich immer mehr frühere Offiziersanwärter mit Klagen über Menschenführung zu Wort gemeldet hatten. Dem Todessturz einer 25-jährigen Offiziersanwärterin hat demnach eine bizarre Vorgeschichte.

Die Offiziersanwärterin soll einem Verantwortlichen anvertraut haben: „Ich kann nicht mehr.“ Der Offizier, so ein Zeuge, soll entgegnet haben, sie solle sich nicht so haben. Die Frau stürzte wenig später in den Tod. Ein Ausbilder habe später darauf verwiesen, dass es früher solche Unfälle nicht gegeben habe: Es sei zu viel „minderwertiges Menschenmaterial“ an Bord. Zwei Tage nach dem Todessturz hätten die Offiziere eine Karnevalsfete geplant.

Die Zustände seien „vorsintflutlich“, meinte eine Anwärterin: „Wer was nicht richtig macht, wird angeschrien.“ Als die Offiziersanwärter Kritik an den Verhältnissen äußerten, habe ein Offizier gebrüllt: „Wir sind hier, um die Demokratie zu verteidigen, aber nicht um sie zu leben.“

Guttenberg steht unter Druck: Er muss auch erklären, warum er über den Tod eines Soldaten in Afghanistan erst nach dem Wehrbeauftragten informiert worden war. Für diese Panne soll Generalinspekteur Volker Wieker intern die Verantwortung übernommen haben.

Allerdings hat eine Delegation aus 15 Abgeordneten nach dem Vorfall das deutsche Lager in Mazar-El-Sharif besucht. Berichten zufolge wurden sie dort über den Unfall informiert, bei dem ein junger Mann von dem versehentlich abgefeuerten Schuss eines mit ihm eng befreundeten Kameraden tödlich getroffen worden sei. Das Parlament sei informiert gewesen, meint der Minister.

Doch Guttenberg reicht es. Unter Leitung des Generalinspekteurs sollen die Strukturen der Bundeswehr auf „quälerische Rituale“ durchforstet werden. Der Minister stellte sich zwar gegen Tendenzen, die Bundeswehr unter einen „Generalverdacht“ zu stellen. Der „zeitnah“ zu erstellende Bericht solle auch informieren, ob es in Einzelfällen Verstöße gegen die Prinzipien der Inneren Führung gegeben habe. Schließlich solle der Bericht politische Konsequenzen aufzeigen. Und er wird auch eine Hilfestellung für die grundsätzliche Frage der Neujustierung militärischer Führungsstrukturen geben.

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