CDU: Leiser Abschied von der Hauptschule

Noch nie hat eine Partei so intensiv über die Schulpolitik gestritten wie die Christdemokraten.

Berlin. Zwei Schritte vor — einen zurück: Der Abschied von der Hauptschule und vom dreigliedrigen Schulsystem fällt der Bundes-CDU schwer. Mit deutlichen Korrekturen am Leitantrag für eine neue CDU-Bildungspolitik will die Antragskommission offenen Streit auf dem Parteitag in der kommenden Woche in Leipzig vermeiden.

Die Gestaltungskompetenz der Länder und ihre Verantwortung für die Schulpolitik wird klarer herausgestellt.

Zwar wird in dem überarbeiteten Entwurf weiterhin ein zweigliedriges Schulsystem mit Gymnasium und Oberschule als Idealbild empfohlen.

Doch dass es unter dem Druck des Schülerrückganges zur Zusammenlegung von Hauptschulen und Realschulen unter dem Dach der neuen Schulform Oberschule kommt, gilt nach den Änderungen jetzt nur noch als „wünschenswert“. „Darüber hinaus stehen wir zu Haupt- und Realschulen sowie integrativen Schulformen, wo diese funktionieren und dem Elternwillen entsprechen“, heißt es.

Noch nie hat eine Partei so intensiv über Bildungspolitik diskutiert und gestritten, wie jetzt die CDU. Als im Sommer der Vorstand fast einmütig das von Bundesbildungsministerin Annette Schavan und Sachsens Kultusminister Roland Wöller (beide CDU) entwickelte Zwei-Wege-Schulmodell aus Gymnasium und Oberschule in dem 40-seitigen Bildungs-Leitantrag absegnete, hagelte es empörte Proteste.

Nach dem Kurswechsel in der Atompolitik, dem Bekenntnis in der Familienpolitik zur Kleinkinderbetreuung und zu Ganztagsschulen das Aus der Hauptschule? Das ging nicht nur der CSU zu weit — sondern auch vielen an der CDU-Basis, vor allem in Hessen und Baden-Württemberg.

Der Philologenverband sprach offen von Verrat. Jahrzehntelang hatten CDU-Politiker vor allem im Westen gegen Gesamtschulen und andere integrierte Schulformen gekämpft. Die Hauptschule, deren Bestand in mehreren Landesverfassungen verankert war, galt als sakrosankt — auch wenn man die eigenen Kinder häufig lieber zum Gymnasium schickte.

Doch den Wandel in der Schulpolitik, den mancher CDU-Funktionär an der Basis schmerzlich erfährt, haben in der Realität die Eltern längst vollzogen: Schavan verweist auf Umfragen, denen nach nur noch zwei Prozent aller Eltern ihr Kind auf eine Hauptschule schicken würden.

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