CDU ringt um Profil

Berlin/Hannover (dpa) - Mit einem Signal an die Konservativen in der CDU geht Kanzlerin Angela Merkel in den Bundesparteitag in Hannover. Die Parteichefin empfahl den Delegierten, die steuerliche Gleichbehandlung homosexueller Paare abzulehnen.

Weiteren Zündstoff bergen Anträge zur Frauenquote und zu höheren Renten für ältere Mütter. An diesem Montag kommen Bundesvorstand und Präsidium zur Vorbereitung des zweitägigen Kongresses zusammen. Am Dienstag soll Merkel zum siebten Mal zur CDU-Vorsitzenden gewählt werden. Generalsekretär Hermann Gröhe und der Chef der Jungen Union, Philipp Mißfelder, riefen die Partei zu einem Signal der Geschlossenheit vor dem Wahljahr 2013 auf.

An die FDP appellierte Merkel, beim Thema Mindestlohn einzulenken. Die CDU spricht sich für eine von den Tarifparteien ausgehandelte, branchen- und regionalspezifische Lohnuntergrenze aus, lehnt aber einen gesetzlichen Mindestlohn, wie ihn die SPD fordert, ab.

Trotz der FDP-Schwäche in allen Umfragen will Merkel den Koalitionspartner bei der Bundestagswahl 2013 nicht mit Leihstimmen unterstützen. Sie wolle „keine Zweitstimmenkampagne, sondern eine möglichst starke CDU“, sagte die CDU-Vorsitzende der „Bild am Sonntag“. Zugleich unterstrich sie aber, dass ihre Partei die christlich-liberale Regierung fortsetzen wolle.

Merkel sagte der „Bild am Sonntag“ zum Thema Ehegattensplitting: „Ich persönlich möchte die steuerliche Privilegierung der Ehe beim Splitting-Tarif erhalten, weil unser Grundgesetz die Ehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Familie sieht und beide unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt.“

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) rechnete in der „Süddeutschen Zeitung“ damit, dass der Parteitag Merkels Haltung einnehmen werde. Auch Niedersachsens CDU-Ministerpräsident David McAllister teilt Merkels Position, mahnte aber in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur: „Ich würde der deutschen Politik in jedem Fall empfehlen, abzuwarten, was das Bundesverfassungsgericht hier für grundsätzliche Anmerkungen macht.“

Mehrere Bundesländer sowie eine Gruppe von Unionsabgeordneten im Bundestag pochen auf eine rasche Ausweitung des günstigen Ehegattensplittings, durch das die Steuerbelastung von Paaren gesenkt wird, auf Lebenspartnerschaften. Das letzte große Steuerprivileg der Ehe ist nach zahlreichen Gerichtsurteilen ins Wanken geraten.

Mehr als die Steuerfrage für Homo-Ehen spaltet aber der Streit über höhere Renten für ältere Mütter die CDU. Die Frauen-Union besteht auf einer Besserstellung von Müttern, die vor 1992 Kinder bekommen haben. Sie bekommen einen Rentenpunkt, Jahrgänge danach drei Punkte für die Kindererziehung. Führende CDU-Politiker wiesen am Wochenende jedoch erneut auf die dadurch entstehenden Milliarden-Kosten hin. Gröhe sucht noch mit einer eigenen Initiative nach einer Lösung. Darüber entscheidet der Bundesvorstand am Montag.

Die Vorsitzende der Frauen-Union, Maria Böhmer, sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Es kann nicht sein, dass wir mit einem Prüfauftrag abgespeist werden. Wir wollen die feste Zusage, dass noch in dieser Legislaturperiode ein Gesetz zur besseren Anerkennung von Kindererziehungszeiten beschlossen wird.“ Ein striktes Nein kam von der rheinland-pfälzischen CDU-Chefin Julia Klöckner, die in Hannover zur Vize-Bundesvorsitzenden gewählt werden will. „Heute müssen wir zugeben: Wir können rückwirkend höhere Renten schlicht nicht bezahlen“, sagte sie dem Magazin „Focus“.

McAllister sagte: „Ich glaube, es gibt für die Forderung viel Sympathie. Aber derzeit gibt es wohl nicht die finanziellen Spielräume, es umzusetzen. Daher ist es gut, so ein Thema mit einem Prüfauftrag zu versehen, damit es in der politischen Diskussion bleibt.“ Mißfelder sagte der dpa: „Das Anliegen der Frauen-Union, das von vielen geteilt wird, ist richtig. Wir müssen aber auch an die junge Generation denken.“

Familienministerin Kristina Schröder (CDU) setzt sich auf dem Bundesparteitag - unterstützt von Merkel - für eine Flexi-Quote für Frauen ein. Unternehmen sollen sich freiwillig verpflichten, Vorstände und Aufsichtsräte mit mehr Frauen zu besetzen. Schröder lehnt den Vorstoß von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zu einer festen 30-Prozent-Quote ab. „Die starre Quote ist nicht das richtige Mittel, von der Stahlindustrie bis zur Medienbranche alle Unternehmen über einen Kamm zu scheren“, sagte sie der dpa. „Das wird beim Parteitag sicher noch einmal spannend werden.“

Nach der Bundestags-Entscheidung für weitere Griechenland-Hilfen schloss Merkel am Wochenende einen späteren Schuldenschnitt für Athen nicht aus. Zunächst aber müsse das Rettungsprogramm umgesetzt werden, sagte sie der „Bild am Sonntag“. „Wenn Griechenland eines Tages wieder mit seinen Einnahmen auskommt, ohne neue Schulden aufzunehmen, dann müssen wir die Lage anschauen und bewerten. Das ist nicht vor 2014/15 der Fall, wenn alles nach Plan läuft.“

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