CSU-Kritik an „Lebensleistungsrente“ bringt Reform ins Wanken

Berlin (dpa) - Die von Union und FDP vereinbarte Lebensleistungsrente steht auf der Kippe - und damit ihre gesamte geplante Rentenreform. Rund zwei Monate nach einem Beschluss des Koalitionsausschusses rückt die CSU davon ab, Mini-Renten geringfügig mit Steuermitteln aufzustocken.

Sie machte am Donnerstag aber deutlich, dass sie nicht gegen höhere Bezüge von Geringverdienern im Alter, sondern gegen die verabredete Art der Finanzierung ist.

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) lehnte die FDP-Forderung ab, die umstrittene Lebensleistungsrente nun aus dem Rentenpaket auszugliedern und andere Komponenten der Reform wie die Verbesserung der Hinzuverdienstmöglichkeiten für Rentner unabhängig davon zu beschließen. Die Zusatzrente sei das „Herzstück“. „Das ist die drängende Frage, auf die wir eine Antwort haben müssen“, sagte sie der „Deister- und Weserzeitung“.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte dem „Handelsblatt“ (Freitag), wenn die CSU Schwierigkeiten mit der Lebensleistungsrente habe, könnten die anderen Reformpunkte trotzdem umgesetzt werden. „Lieber mehrere Expressbriefe als ein verzögertes Riesenpaket.“

Die CSU-Landesgruppenvorsitzende im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, bekräftigte einen Beschluss der CSU-Abgeordneten vom Mittwoch im bayerischen Kreuth: „Was wir nicht wollen, ist die Vermischung von Versicherungssystem und Fürsorgesystem. Denn dies wirft viele unlösbare Fragen auf und schafft neue Ungerechtigkeiten.“

Ihr Stellvertreter Max Straubinger sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Das ist eine Absage an die Lebensleistungsrente.“ Dies sei zu hart formuliert, verlautete aus CSU-Kreisen. Allerdings machte erst seine Bewertung des CSU-Beschlusses in der Zeitung den Konflikt deutlich. Denn das Papier war seit Tagen bekannt und wurde auch nach dem Beschluss in Kreuth nicht mit einer solchen Brisanz bewertet.

Straubinger sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa, die Rentenreform müsse nicht scheitern. „Aber wir müssen in der Sache mal weiterkommen.“ Solange es sich um eine Erhöhung der Rente und nicht der Grundsicherung handele, habe der Einzelne am Ende weniger im Portemonnaie, weil er dann Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zahlen müsse. „Das ergibt keinen Sinn.“

Von der Leyen will vermeiden, dass Menschen trotz 40-jähriger Erwerbsbiografie wegen zu geringer Einkommen im Alter zum Sozialamt gehen und Grundsicherung beantragen müssen. So beschloss der Koalitionsausschuss, einen Zuschlag aus dem Steuertopf zu zahlen und Mini-Renten so aufzustocken, dass sie etwa 10 bis 15 Euro über der Grundsicherung liegen. Diese beläuft sich je nach Region zwischen 636 (Sachsen-Anhalt) und 781 Euro (Hamburg).

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte aber ausgerechnet, dass durch die dann anfallenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bei der Rente ein Minus von bis zu 67 Euro im Monat auftreten könnte. DGB-Chef Michael Sommer sagte, es bestätige sich, dass das Zusatzrenten-Modell fehlerhaft und nicht tragbar sei. Er hält allein den Begriff Lebensleistungsrente angesichts der geplanten geringen Aufstockung für zynisch.

Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) sagte dem Sender N24: „Wenn die CSU sich weigert, wird's schwierig.“ Von der Leyen (CDU) sagte der dpa: „Ich gehe davon aus, dass die CSU vertragstreu zum jüngsten Beschluss des Koalitionsausschusses steht.“ Danach sollte eine Aufstockung der Mini-Renten steuerfinanziert sein.

In einem CDU-Parteitagsbeschluss von Dezember heißt es ferner, noch in dieser Legislaturperiode sollten konkrete Verbesserungen durch eine steuerfinanzierte Lebensleistungsrente auf den Weg gebracht werden. Eine CDU-Sprecherin sagte der dpa, darüber seien die Koalitionspartner im Gespräch.

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