Die Senioren-Lobby macht mobil

Der ADAC rüstet sich mit dem Verein Generationen Netzwerk für Deutschland für die Probleme des demografischen Wandels.

Bonn. Noch sind es nur 21 Festangestellte, noch gibt es nur eine Handvoll Mitglieder und noch tritt der Verein mit dem Namen Generationen Netzwerk für Deutschland (GND) kaum in der Öffentlichkeit auf — das soll sich bald ändern. Claudia Rutt ist im Vorstand des Vereins und baut einen Lobbyverband für Menschen der Generation „50 +“ auf.

Gegründet wurde der GND von ADAC-Funktionären und dem Club selbst. Im Vorstand sitzen zur Hälfte Mitglieder des Automobilclub-Präsidiums. Thematisch hat der GND jedoch nichts mit dem Club gemein. Vielmehr sollen Experten Senioren in allen Belangen beraten: von Pflege über Finanzen bis zum Thema Liebe. In Freiwilligenbüros — die ersten öffnen zurzeit in Rheinland-Pfalz — sollen sich Senioren außerdem gegenseitig helfen.

„Der ADAC denkt seit vielen Jahren darüber nach, dass die Überalterung ein wichtiges Thema wird“, sagt Michael Ramstetter, ADAC-Pressesprecher. „Als ADAC können wir zu wichtigen Punkten wie etwa der Pflegeversicherung keine Meinung haben, der GND schon.“ Der Club fühle sich verpflichtet, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.

Reine Nächstenliebe scheint nicht der Hintergrund für den Aufbau des GND zu sein. Der ADAC rüstet sich mit dem Projekt für die Zukunft und die durch den demografischen Wandel gegebenen Änderungen: Zwar sehen die Mitgliederzahlen des Clubs mit 17,3 Millionen gut aus, man peile für das Jahr 2020 die 20 Millionen an. „Aber danach dürfte es wieder bergab gehen“, sagt Michael Ramstetter.

„Ich stelle fest, dass der ADAC unter wirtschaftlichen Gesichtspunkt versucht, die Ü-60-Jährigen anzusprechen“, sagt VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Der VdK („Verband der Kriegsbeschädigten“) tritt seit 60 Jahren für soziale Belange, insbesondere älterer Menschen ein. Fürchtet man dort den GND? Ulrike Mascher macht sich noch keine Sorgen: „Wir warten gelassen ab und gucken, was sich da entwickelt.“ Der Verein mit 1,5 Millionen Mitgliedern habe große Kompetenz. Mascher: „Es stellt sich die Frage, ob der ADAC diese auch hat — oder sie sich kaufen kann.“

Der Lobbyismus-Experte Thomas von Winter erklärt, dass der VDK „keine reine Seniorenorganisation“ ist. Er vertrete neben Rentnern auch Kriegsopfer und Behinderte. Eine reine Lobby für Ältere hat es in Deutschland bis jetzt nicht gegeben. „Der Automobilclub hat diese politische Marktlücke entdeckt“, sagt von Winter. „Der demografische Wandel hat zur Konsequenz, dass ältere Menschen ihre Interessen vertreten sehen möchten.“

Der ADAC finanziert die Gründung des Vereins mit einem „sehr hohen Betrag“ vor. Eine Summe wollte Pressesprecher Michael Ramstetter nicht nennen. Man geht seitens des Clubs davon aus, dass sich der GND in fünf bis sechs Jahren selbst trägt. Ziel ist es anfänglich 50.000, später 100.000 Mitglieder jährlich zu werben. „Jetzt steigen wir aber erst langsam ein“, sagt GND-Pressesprecherin Ulrike Spitz. „Der Service steht, die Ressorts sind mit Experten besetzt.“

In dem Werbevideo des GND heißt es, dass der Verein „Sprachrohr sein und sich lautstark für Interessen“ der Mitglieder einsetzen will. Über die zukünftige Lobbyarbeit hält sich Ulrike Spitz aber bedeckt. Noch wagt sie sich nicht, von großem politischem Einfluss zu sprechen. Das müsse sich „alles noch entwickeln“.

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