FDP-Staatsministerin macht Front gegen schwarz-gelbes Betreuungsgeld

Cornelia Pieper will heute im Bundestag gegen die Maßnahme und damit gegen die eigene Koalition stimmen. Kann sie im Amt bleiben?

Berlin. Viele Freunde hat Cornelia Pieper in der Bundespolitik nicht. Und die Zahl derer, die die Ostdeutsche kritisieren, ist jetzt noch einmal gestiegen: Die FDP-Frau will heute im Bundestag bei der Abstimmung über das umstrittene Betreuungsgeld gegen die familienpolitische Leistung und damit gegen die eigene schwarz-gelbe Koalition stimmen. Darf man das als Regierungsmitglied?

Mit Abweichlern haben Union und FDP leben gelernt. Vor allem bei der Euro-Rettung. Doch als Staatsministerin im Auswärtigen Amt von Guido Westerwelle (FDP) sollte Pieper eigentlich der Loyalität verpflichtet sein.

So sehen das viele in der Koalition. Motiviert werden Piepers Kritiker zusätzlich davon, dass sie keine Lust mehr auf Störfeuer haben; dass sie das leidige Thema Betreuungsgeld heute abräumen wollen.

Außerdem ist die Frau aus Halle schon immer ein geliebter Feind in den eigenen Reihen gewesen. Von 2001 bis 2005 war Pieper Generalsekretärin, von 2005 bis 2011 dann stellvertretende FDP-Vorsitzende. Ämter, in denen die heute 53-Jährige politisch wenig glänzen konnte.

Mehrfach forderte sie in dieser Phase ihr Intimfeind, der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki, zum Rücktritt auf. Pieper sei zwar liebenswert, aber naiv und in ihren Funktionen überfordert, so Kubickis deftige Bewertung. Ein anderer Parteifreund nannte sie sogar mal „die Pfeife aus Halle“.

Urteile, die sich im Gedächtnis einiger Liberaler festgesetzt haben. Hinzu kommt, dass die FDP 2011 mit ihr als Landeschefin krachend aus dem Landtag von Sachsen-Anhalt flog. Das Wahldebakel sorgte für erheblichen, innerparteilichen Streit. Pieper wurde vorgeworfen, das Erbe des FDP-Übervaters Hans-Dietrich Genscher verschleudert zu haben. Genscher stammt aus Halle.

Überraschend für viele war daher die Entscheidung Westerwelles, Pieper nach der Bundestagswahl 2009 zur Staatsministerin zu machen. Einige Beobachter werteten dies als Belohnung für ihre Treue zu Westerwelle, andere lediglich als Versuch, die mitunter ungeschickt agierende Frau parteipolitisch aus der Schusslinie zu nehmen — in die sie sich nun aber selbst wieder begibt.

Hinter den Kulissen fielen in dieser Woche auch von Oberliberalen böse, persönliche Schimpfworte. Parteifreunde brachten die Notwendigkeit eines Rücktritts ins Spiel, sollte Pieper beim Betreuungsgeld nicht auf Regierungskurs schwenken. Eine Handvoll Koalitions-Abgeordneter will sich ebenfalls verweigern.

Die so Gescholtene bleibt stur: „Für einen Rücktritt sehe ich keinen Grund“, ließ sie am Donnerstag wissen. Sie habe sich als Bundestagsabgeordnete geäußert, „die ihre Region und die Lebenswirklichkeit der Menschen in Ost- und Mitteldeutschland vertritt“, und nicht als Staatsministerin.

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