FDP will Klarheit über künftige Führungsspitze

Stuttgart/Berlin (dpa) - In der krisengeschüttelten FDP wird immer offener über eine Zukunft ohne Philipp Rösler diskutiert - der Parteichef gerät zunehmend in die Defensive. Führende Liberale fordern, kurz nach der niedersächsischen Landtagswahl am 20. Januar Klarheit über die Parteispitze zu schaffen.

Der hessische FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn verlangte eine Entscheidung bis Ende Januar. „Mir ist es vollkommen egal, wie wir es klären, aber wir brauchen eine verbindliche Klärung“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.

Auch der Ruf nach einem Vorziehen des für Mai geplanten Bundesparteitages wird lauter. Nach Präsidiumsmitglied Hermann Otto Solms plädierte auch der frühere Parteichef Wolfgang Gerhardt für einen solchen Schritt. So könne die FDP schneller Spitzenpersonal, Programm und Koalitionsaussage für die Bundestagswahl im September bestimmen, sagte er dem Magazin „Focus“. Es gilt allerdings als sicher, dass die Entscheidungen im Fall eines Führungswechsels im kleinen Kreis und nicht auf einem Parteitag fallen dürften.

Einen Sonderparteitag kurz nach der Niedersachsen-Wahl lehnen die meisten FDP-Landesverbände hingegen ab. „Egal zu welcher Entscheidung man kommen wollte, damit ist kaum Zeit zu gewinnen“, sagte Sachsen-Anhalts FDP-Chef Veit Wolpert der dpa. Es sei ein Irrglaube, dass allein mit einem neuen Mann an der Spitze für die FDP alles besser werde, sagte der thüringische FDP-Landesvorsitzende Uwe Barth der Nachrichtenagentur dpa in Erfurt. „Wir haben einen Bundesvorsitzenden, und der ist von einem Parteitag gewählt worden.“

Die „Bild“-Zeitung hatte berichtet, in mehreren Ländern gebe es solche Überlegungen für den Fall, dass Rösler trotz eines unbefriedigenden Wahlausgangs in Niedersachsen Parteichef bleiben wolle. Laut FDP-Satzung muss ein Sonderparteitag stattfinden, wenn mindestens vier Landesverbände das wollen.

Mit Spannung wird der Auftritt Röslers beim FDP-Dreikönigstreffen an diesem Sonntag in Stuttgart erwartet. Bei der traditionsreichen Kundgebung werden auch Bundestags-Fraktionschef Rainer Brüderle und Entwicklungsminister Dirk Niebel sprechen, der die Autorität Röslers zuletzt mehrfach infrage gestellt hatte. Niebel hatte unter anderem erklärt, der Parteichef müsse nicht unbedingt Spitzenkandidat sein.

Dafür musste sich Niebel am Samstag auf dem Landesparteitag der Südwest-FDP in Stuttgart Kritik gefallen lassen. Er selbst verwahrte sich gegen den Vorwurf der Nestbeschmutzung: „Wir können zusammen raufen, aber wir können uns aber auch zusammenraufen, um etwas reißen zu können“, sagte er vor den Delegierten. „Keine Diskussion gibt es nur in Diktaturen und vielleicht auf SPD-Parteitagen.“ In einem Interview verneinte Niebel eigene Ambitionen auf den FDP-Vorsitz: „Ich will es nicht“, sagte er der „B.Z. am Sonntag“.

FDP-Generalsekretär Patrick Döring und die Landesvorsitzende Birgit Homburger forderten in Stuttgart ein Ende der Führungsdebatte. „Lassen wir die Selbstbeschäftigung“, verlangte Döring. Die Chancen für ein großartiges Ergebnis in Niedersachsen seien gut. Im Bund müsse die FDP aktuellen Umfragen zufolge nur von 4 auf 6 Prozent zulegen, um an der Seite der Union bei der Bundestagswahl an der Macht zu bleiben. Homburger forderte mehr Teamgeist: „Die erste Regel für Erfolg lautet: Schluss mit Selbstbeschäftigung!“

Die stellvertretende FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger stärkte Rösler den Rücken. Er sei „von der Partei gewählt worden. Und er hat geliefert“, sagte die Justizministerin der „Welt am Sonntag“. Rücktrittsforderungen an Rösler halte sie für falsch, denn sie könnten der FDP konkret im niedersächsischen Wahlkampf schaden. „Vor Wahlen muss in Personalfragen Ruhe herrschen.“ Gesundheitsminister Daniel Bahr verlangte mehr Teamgeist und Solidarität in der FDP. Die Menschen in Niedersachsen, die am 20. Januar wählen, interessierten keine Machtkämpfe, sondern Inhalte. „Wir müssen in der Führung nicht die besten Freunde sein“, meinte Bahr in Stuttgart. Die FDP müsse aber wieder „Stil und Anstand“ zeigen.

CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel gab sich zuversichtlich, dass der Koalitionspartner bei den anstehenden Wahlen bestehen werde. Sie glaube, dass die Liberalen beim Dreikönigstreffen eine sehr gute Veranstaltung hinlegen und sich auf Sachfragen konzentrieren würden, sagte sie nach einer CDU-Vorstandsklausur in Wilhelmshaven. Für die Wahl in Niedersachsen und die Bundestagswahl sei sie sehr optimistisch, dass die FDP aus eigener Kraft die Menschen überzeuge.

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