Finanzminister Wolfgang Schäuble: „Wir haben Europa gestärkt“

Minister Schäuble über die anhaltende Krise, die Razzien bei der Deutschen Bank und die Freude über ein paar ruhige Tage.

Berlin. Finanzminister Wolfgang Schäuble freut sich nach einem weiteren Krisenjahr auf ein paar ruhige Tage. Über Ambitionen auf den Posten des Eurogruppenchefs macht er sich keine Gedanken mehr. Der CDU-Politiker hält seinen niederländischen Amtskollegen für geeignet. Gedanken macht sich Schäuble über die jüngsten Nachrichten zur Deutschen Bank.

Herr Schäuble, das war wieder ein heftiges Jahr. Sind Sie erschöpft — macht der Job des Bundesfinanzministers überhaupt noch Spaß?

Schäuble: Ich freue mich nach den letzten Wochen in der Tat auf ein paar ruhige Tage. Aber politisches Engagement ist Leidenschaft. Wenn die Aufgaben groß sind, ist die Leidenschaft groß. Deswegen macht mir meine Arbeit weiterhin Freude. Und ich finde, wir haben in diesem Jahr auch in einer schwierigen Zeit viel erreicht.

Hätten Sie das gern auch als Eurogruppenchef vorangetrieben?

Schäuble: Nein, ich glaube, ich habe in der Eurogruppe als deutscher Finanzminister meine Aufgabe wahrzunehmen. Die heißt, aus deutscher Sicht für die richtige Finanzpolitik einzutreten. Aber zugleich auch mitzuhelfen, dass wir gemeinsame Entscheidungen zustande bringen.

Sie haben sich gerade mit Ihrem neuen niederländischen Kollegen Jeroen Dijsselbloem getroffen. Wäre er denn ein guter Kandidat?

Schäuble: Es spricht viel dafür, wenn das ein Finanzminister aus einem kleineren Land macht, das dazu beitragen kann, zwischen unterschiedlichen Standpunkten eine gemeinsame Linie zu finden. Unter all diesen Gesichtspunkten ist der niederländische Kollege ganz sicher gut geeignet. Ganz davon abgesehen, dass er von allen sehr geschätzt wird und hoch kompetent ist.

Ist das Gröbste in der Euro-Krise überstanden?

Schäuble: Die Reformen sind auf einem guten Weg und wir haben Fortschritte erzielt. Aber es bleibt eine große Herausforderung — auch für das griechische Volk. Auch Spanien hat mit der Rekapitalisierung seiner Banken wirklich gute Arbeit geleistet. Wir haben Europa gestärkt, mit dem ESM eine neue Finanzinstitution geschaffen und mit dem Fiskalpakt die haushaltspolitische Überwachung verschärft. Seit kurzem haben wir auch eine grundsätzliche Einigung auf den Rechtsrahmen für eine gemeinsame Bankenaufsicht. Das heißt, wir kommen Schritt für Schritt voran.

Reichlich Querelen gibt es zurzeit bei der Deutschen Bank. Sind die Vorgänge ein Grund, die Finanzmarktregulierung zu verschärfen?

Schäuble: Sie werden verstehen, dass ich zu einem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren keine Stellung nehmen kann. Zudem geht es — soweit ich das aus den Medien kenne — bei den Ermittlungen um Steuersachen, das ist keine Aufgabe der Bankenaufsicht. Die Bankenaufsicht hat ja primär die Aufgabe, darauf zu achten, dass Banken zahlungsfähig bleiben.

Die Deutsche-Bank-Führung um Jürgen Fitschen und Anshu Jain hat ja nicht nur mit Steuerbetrugsvorwürfen zu kämpfen. Sind Sie beunruhigt?

Schäuble: Natürlich sind das alles keine guten Nachrichten, und ich mache mir Gedanken. Aber ich habe die Zuversicht und das Vertrauen, dass die Verantwortlichen die Dinge ernst nehmen und möglichst schnell aufklären und abstellen. Eine stark auf Export orientierte deutsche Wirtschaft hat großes Interesse an leistungsfähigen Banken.

Ist Fitschen künftig noch der richtige Mann für die Spitze des Bankenverbandes und damit als Ansprechpartner für die Politik?

Schäuble: Wie kommen Sie jetzt auf diese Frage?

Wegen der politischen Instinktlosigkeit, im Zusammenhang mit der Steuer-Großrazzia der Staatsanwaltschaft bei Hessens CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier anzurufen.

Schäuble: Dass der Anruf ein Fehler war, hat Fitschen doch eingeräumt. Er ist ja klug genug zu wissen, dass ein Ministerpräsident auf ein Ermittlungsverfahren nicht Einfluss nehmen kann und nicht nehmen wird. Wenn er zwei Tage später sein Bedauern ausspricht und sich entschuldigt, dann — so finde ich — ist es auch wieder gut. Wenn jeder innerhalb von zwei Tagen seine Fehler korrigiert, dann wär’ schon manches ganz gut in Deutschland.

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