Frauen tragen Last der Pflege

Die Betreuung von kranken Angehörigen ist eine psychische und körperliche Bürde.

Berlin. In Deutschland leben gegenwärtig gut 2,4 Millionen Pflegebedürftige. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wird sich ihre Zahl bis 2030 auf 3,4 Millionen erhöhen. Auch für die Familienangehörigen hat das erhebliche Konsequenzen. Nach einer am Dienstag veröffentlichten Untersuchung des Allensbach-Instituts im Auftrag der R+V Versicherung sind vor allem pflegende Frauen stark belastet — und von Altersarmut bedroht.

Laut Studie wird sich die Zahl der Menschen mit einem Pflegefall in der Familie in den kommenden Jahren fast verdreifachen — von jetzt zehn Millionen auf dann 27 Millionen. Rund 62 Prozent der Menschen, die pflegebedürftige Angehörige haben, kümmern sich selbst um deren Betreuung. Zwei Drittel der Pflegenden sind Frauen.

In einer repräsentativen Befragung gab rund die Hälfte der pflegenden Frauen an, ihre bedürftigen Angehörigen schon länger als drei Jahre zu betreuen, jede zehnte sogar länger als zehn Jahre. Ebenfalls gut die Hälfte kümmert sich täglich mindestens drei Stunden lang um die Pflegebedürftigen. In erster Linie handelt es sich um den Vater oder die Mutter sowie um den Partner.

Zwei Drittel der Frauen gaben an, dass sie die Pflege psychisch stark oder sehr stark belastet. Insgesamt 46 Prozent empfinden die Pflege auch körperlich als sehr große beziehungsweise große Anstrengung. Das Alter der „typisch Pflegenden“ liegt immerhin bei 61 Jahren. Zudem sehen 40 Prozent der pflegenden Frauen ihre Partnerschaft negativ betroffen.

Weil sie wegen der Pflege beruflich zurückstecken. Nur 42 Prozent der Frauen, die sich um ihre Angehörigen kümmern, sind berufstätig. Und das zumeist nur in Teilzeit. Hinzu kommen weitere potenzielle „Armutsfallen“: Der Bruttostundenlohn für Frauen liegt im Schnitt 22 Prozent unter dem der Männer. Schon wegen der Geburt ihrer Kinder haben viele Frauen in Teilzeit gearbeitet. Und schließlich ist das Risiko für pflegende Frauen, selbst einmal pflegebedürftig zu werden, doppelt so hoch wie bei Männern.

88 Prozent der pflegenden Frauen wünschen sich eine bessere Unterstützung bei der häuslichen Pflege, 74 Prozent eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Letzteres verlangen auch 60 Prozent aller Deutschen.

Nur einen Teil der Kosten für Pflegebedürftige. Laut R+V Versicherung bewegt sich die Differenz zum tatsächlichen Bedarf je nach Pflegestufe zwischen 450 und 1950 Euro im Monat, die aus eigener Tasche zu tragen ist. Die Regierung hat deshalb eine Förderung privater Pflegezusatzversicherungen beschlossen, die zum 1. Januar 2013 in Kraft tritt. Mit den staatlichen Zuschüssen wird die Lücke aber nicht komplett geschlossen. Gegenwärtig haben zwei Prozent der 82 Millionen Bundesbürger eine private Pflegezusatzversicherung.

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