KZ-Überlebende erinnern zum Jahrestag der Befreiung an Auschwitz

Auschwitz/Berlin (dpa) - 70 Jahre nach der Befreiung des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau haben Überlebende des Holocaust zum Kampf gegen Intoleranz, Gleichgültigkeit und Antisemitismus aufgerufen.

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„Wir alle müssen uns erinnern“, sagte der Auschwitz-Häftling Roman Kent.

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Vor fast 50 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt, unter ihnen Bundespräsident Joachim Gauck und Frankreichs Präsident François Hollande, fügte Kent hinzu: „Wenn ich könnte, würde ich ein elftes Gebot verfügen: Du sollst kein unbeteiligter Zuschauer sein.“

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Der polnische Präsident Bronislaw Komorowski, der als einziger Politiker sprach, sagte vor mehr als 300 Überlebenden, Auschwitz sei eine „Hölle von Hass und Gewalt“ gewesen.

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Auschwitz war das größte der nationalsozialistischen Vernichtungslager, in dem während des Zweiten Weltkriegs mindestens 1,1 Millionen Menschen ermordet wurden. Die allermeisten Opfer in Auschwitz waren Juden. Aber auch Sinti und Roma, sowjetische Kriegsgefangene, Polen, Homosexuelle und politische Häftlinge wurden getötet. Soldaten der Roten Armee befreiten das Lager und die rund 7500 noch lebenden Häftlinge am 27. Januar 1945.

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Kent sagte, Überlebende wie er könnten das in Auschwitz Geschehen niemals vergessen. „„Die Schreie der ermordeten Kinder klingen in meinen Ohren, bis ich sterbe.“ Weiter sagte er: „Wenn Sie, die Führer der Welt, sich erinnern, dann wird anderes Unrecht wie in Darfur, Biafra, Kosovo keinen Platz auf der Erde mehr haben.“ Wir alle müssten unsere Kinder Toleranz und Verständnis lehren, forderte Kent, dem stellenweise die Stimme versagte.

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US-Präsident Barack Obama warnte vor wachsendem Antisemitismus. Dabei verwies er auf die jüngsten Terrorangriffe in Paris, bei denen auch Juden getötet wurden. Die Morde mahnten schmerzhaft zur Verpflichtung, Antisemitismus in all seinen Formen zu bekämpfen. Dazu gehöre auch eine „Trivialisierung des Holocausts“.

Papst Franziskus schrieb: „Auschwitz schreit den Schmerz unermesslichen Leids hinaus - und ruft nach einer Zukunft in Respekt, Frieden und der Begegnung der Völker.“

Bundespräsident Joachim Gauck sagte, Deutschland stehe 70 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz in der moralischen Pflicht zum Schutz von Flüchtlingen und Menschenrechten. „Es gibt keine deutsche Identität ohne Auschwitz“, sagte Gauck in einer Sondersitzung des Bundestages. Aus dem Erinnern an das Menschheitsverbrechen des millionenfachen Mordes an Juden ergebe sich ein Auftrag. „Er sagt uns: Schützt und bewahrt die Mitmenschlichkeit. Schützt und bewahrt die Rechte eines jeden Menschen.“ Die Deutschen müssten sich „jeder Art von Ausgrenzung und Gewalt entgegenstellen, und jenen, die vor Verfolgung, Krieg und Terror zu uns flüchten, eine sichere Heimstätte bieten“.

Der russische Präsident Wladimir Putin, der in Auschwitz nicht dabei war, zündete bei einer Gedenkfeier im Jüdischen Museum in Moskau mit Oberrabbiner Berel Lazar schwarze Kerzen an. Putin würdigte dabei auch den großen Beitrag des jüdischen Volkes im Kampf gegen den Faschismus. Eine halbe Million Juden hätten in der Roten Armee gekämpft, fast 200 000 seien gefallen.

In Russland gab es zum Teil empörte Reaktionen, dass Putin als Vertreter der Befreier nicht explizit als Ehrengast zum Gedenken in Auschwitz eingeladen worden war. Die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, die die Feier organisierte, hatte keine Staats- und Regierungschefs eingeladen. Es sei jedem freigestellt, zu kommen, hieß es. Offizielle Einladungen habe Polen an niemanden verschickt.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warnte bei einer Gedenkfeier im Holocaust-Museum Yad Vashem potenzielle Angreifer auf den Staat Israel vor Vergeltung. „Diejenigen, die mit Feuer spielen, werden Feuer fangen“, sagte Netanjahu israelischen Medien zufolge.

In Prag ging das vierte Welt-Holocaust-Forum mit Appellen gegen Judenfeindlichkeit und Extremismus zu Ende. In Großbritannien stand das Gedenken unter dem Motto „Die Erinnerung am Leben halten“. Die UN-Gedenkveranstaltung mit dem israelischen Präsidenten Reuven Rivlin wurde aus Furcht vor einem Schneesturm in New York verschoben.

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