Große Ländermehrheit gegen Verfassungsschutzfusion

Berlin (dpa) - Bei der Reform des Verfassungsschutzes wollen die meisten Bundesländer ihre Ämter des Inlandsgeheimdienstes nicht mit anderen zusammenlegen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Auch ein Konzept der Unions-Innenminister der Länder sieht den Erhalt der 17 Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern vor. Die Union spricht sich darin aber für ein zentrales Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum gegen Rechts- und Linksextremisten sowie Islamisten aus, wie die „Welt am Sonntag“ berichtete.

Vor allem Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte sich nach den Ermittlungspannen bei der Aufdeckung der Neonazi-Mordserie dafür stark gemacht, einige der 16 Landesämter für Verfassungsschutz zusammenzulegen. Außer den Landesämtern gibt es auch ein Bundesamt.

Bei ihrer Forderung dürfte Leutheusser-Schnarrenberger vor allem an eine Zusammenlegung kleinerer Landesämter gedacht haben, etwa der Stadtstaaten, Mecklenburg-Vorpommerns und des Saarlands. Eher offen für eine radikale Reform der Organisationsstrukturen in Bund und Ländern zeigten sich aber lediglich Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt - wenn auch mit unterschiedlichen Ansätzen.

Der Chef der Innenministerkonferenz, Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Lorenz Caffier (CDU), warnte trotz der „stümperhaften“ Ermittlungen im Zusammenhang mit der NSU-Mordserie vor voreiligen Strukturveränderungen. Er sprach sich gegen länderübergreifende Behörden aus, ebenso gegen die Eingliederung des Verfassungsschutzes in die reguläre Polizeistruktur.

In dem Unionskonzept mit dem Titel „Neuausrichtung des Verfassungsschutzes“ heißt es laut „Welt am Sonntag“: „Die föderale Aufgabenverteilung im Bereich der Inneren Sicherheit steht auch nach den Erkenntnissen um den NSU-Komplex nicht zur Disposition“. Es ließen sich aber „Defizite in der Zusammenarbeit und im Informationsaustausch im Verfassungsschutzverbund und mit der Polizei (in beide Richtungen) feststellen“.

Von der Zusammenlegung der bisher zwei Abwehrzentren an drei Standorten zu einem Zentrum in Berlin versprechen sich die Unions-Innenminister eine „Schrittmacherfunktion“ für eine bessere Kooperation. Bislang gibt es ein Zentrum gegen islamistischen Terrorismus in Berlin und ein Zentrum gegen rechtsextremistische Gewalt beim Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln und beim Bundeskriminalamt in Meckenheim. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) scheut nach Darstellung der „Welt am Sonntag“ eine Zusammenlegung, weil er keine Umzugsdebatte führen wolle, bevor er die Reform des Verfassungsschutzes durchgesetzt habe.

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