Hauptstadtflughafen: Vom Prestigebau zur Lachnummer

Seit Freitag prüfen neun Berliner Abgeordnete die Pannenserie beim neuen Flughafen der Hauptstadt.

Berlin. Man kann das Milliarden-Projekt getrost als Flop bezeichnen. Der Berliner Piraten-Abgeordnete Martin Delius spricht sogar von einem „internationalen Reputationsverlust für Deutschland“. Am Freitag hat ein Untersuchungsausschuss im Berliner Landesparlament mit der Aufklärung des Debakels um den Bau des neuen Hauptstadtflughafens begonnen. Auf Delius, noch keine 30 Jahre alt, kommt eine heikle Aufgabe zu: Der Parlamentsneuling leitet das bislang wohl wichtigste Gremium in dieser Legislaturperiode in Berlin.

Die Fakten: Die Eröffnung des Prestige-Flughafens wurde mittlerweile mehrmals verschoben. Die Kosten sind explodiert um 1,2 Milliarden auf jetzt 4,4 Milliarden Euro. Es gibt Planungsfehler, Baumängel und bisher keinen Schuldigen — dabei lachte ganz Deutschland über Berlin.

Die Erwartungen an die neun Mitglieder des Untersuchungsausschusses sind groß. Der Untersuchungsauftrag umfasst 78 Fragen. Nicht nur die Kosten und die Umstände der zwei Verschiebungen in diesem Jahr sind dabei, er geht zurück bis in die Zeit der Flughafenplanung in den 1990er Jahren. Die Aufarbeitung streift umstrittene Entscheidungen über Flugrouten und Lärmschutz und stellt die Ur-Frage nach der Standortentscheidung für Schönefeld.

Der Ausschuss könne Lehren für die Zukunft erarbeiten, nicht aber dafür sorgen, dass der Flughafen fertig und nicht noch teurer wird, betont allerdings der Grünen-Abgeordnete Andreas Otto. Rund 90 Beweisanträge beschließt der Ausschuss in der ersten Sitzung. Neun Zeugen, darunter Berlins ehemaliger Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), sollen noch vor Weihnachten aussagen.

Delius ist nicht nur Chefaufklärer — der 28-Jährige muss auch zeigen, dass die Piraten Politik beherrschen. Es ist eine Bewährungsprobe für die noch nicht einmal ein Jahr alte Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Andere Abgeordnete reagierten bereits skeptisch auf seine neuen Ideen wie einen anonymen elektronischen Briefkasten für Tippgeber und im Internet veröffentlichte Flughafen-Dokumente.

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