„Jetzt erst recht“: Der Kampf des Gustl Mollath geht weiter

Freunde des 56-Jährigen reagieren entsetzt auf die Entscheidung des Landgerichts, das Verfahren nicht neu aufzurollen.

Regensburg. Der Widerstand von Gustl Mollath gegen seine Zwangseinweisung in die Psychiatrie wirkt wie ein Kampf mit Windmühlenflügeln. Seit sieben Jahren ist der 56-jährige Nürnberger gegen seinen Willen dort untergebracht, und er bleibt es auch noch für einige Zeit.

Das Landgericht Regensburg verwarf am Mittwoch die beiden Wiederaufnahmeanträge als unzulässig. Damit wird das Verfahren vorerst nicht neu aufgerollt.

Dabei war die Hoffnung Mollaths auf ein neues Verfahren zuletzt stark gestiegen. Sein Schicksal sorgte bundesweit für Aufsehen, viele sehen ihn als Opfer eines gewaltigen Justizskandals. Im Juni hatte er noch einen großen Auftritt in eigener Sache als Zeuge vor dem Mollath-Untersuchungsausschuss des Landtages in München gehabt.

Edward Braun, der Mollath seit 1985 kennt, spricht von einer „Sauerei“: Gustl Mollath sei praktisch ohne eingehende Untersuchung und nur mit Hilfe von Ferngutachten verurteilt und in die Psychiatrie abgeschoben worden. „Der ganze Fall ist nur damit zu erklären, dass die gegnerischen Reihen wie Pech und Schwefel zusammenhalten“, empört er sich. „Der Kampf geht weiter.“

Mollath war 2006 als gemeingefährlich in die Psychiatrie eingewiesen worden. Unter anderem soll er seine Frau schwer misshandelt und Autoreifen aufgestochen haben. Mollath sieht sich dagegen als Opfer einer Verschwörung seiner Ex-Frau und der Justiz. Die Urteilsfeststellungen des Landgerichts Nürnberg enthielten zwar Sorgfaltsmängel, erläuterte die Regensburger Strafkammer. Für eine bewusste Sachverhaltsverfälschung ergäben sich aber keinerlei Anhaltspunkte.

Inzwischen wird die Schar der Unterstützer Mollaths größer und prominenter, auch in der bayrischen Landesregierung. „Das Freiheitsrecht der Menschen ist ein eminent wichtiges Gut“, sagt Justizministerin Beate Merk (CSU), die wegen des Fall Mollaths in Bedrängnis geraten war. Es dürfe in einem Rechtsstaat nur eingeschränkt werden, wenn es gar nicht anders geht und die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. „Im Fall Mollath sind daran Zweifel aufgekommen. Dies soll von der Justiz vor den Augen der Öffentlichkeit geklärt werden.“

Kurz nach der Regensburger Entscheidung kündigte Merk sofortige Beschwerde an. Ihr Ziel sei weiter ein Wiederaufnahmeverfahren. „Denn so könnte in einem öffentlichen Verfahren geklärt werden, ob die Zweifel an der Unterbringung von Gustl Mollath berechtigt sind oder nicht“, erklärte sie. Mollaths Anwalt und die Staatsanwaltschaft wollen ebenfalls Beschwerde gegen die Entscheidung einlegen. Beide Seiten wollen die Wiederaufnahme des Verfahrens erreichen.

„Jetzt erst recht“, sagt Gerhard Dörner, einer von Mollaths engsten Freunden in den vergangenen Jahren. Er habe fest damit gerechnet, dass die Wiederaufnahmeanträge durchgehen. „Ich bin entsetzt, was im Freistaat passiert.“ Am kommenden Samstag werde es in Nürnberg eine Demonstration für Mollath und die generelle Unterbringung in die Psychiatrie unter dem Motto „Empört und engagiert Euch“ geben.

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