Karlsruhe prüft Euro-Gesetze - Mahnungen an Richter

Berlin (dpa) - Begleitet von Mahnungen der Politik müssen erneut wichtige Instrumente zur Euro-Rettung auf den Prüfstand der obersten deutschen Richter.

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt an diesem Dienstag über Eilanträge gegen die gerade von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Gesetze zur Umsetzung des europäischen Fiskalpakts und des dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM. Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) befürchtet kein Stoppsignal aus Karlsruhe, auch die SPD setzt auf grünes Licht. Nach dem Appell von Bundespräsident Joachim Gauck wird weiter darüber diskutiert, den Bürgern das Euro-Krisenmanagement besser zu erklären.

Wirtschaftsminister Rösler sagte der „Bild“-Zeitung (Montag): „Wir sind überzeugt, dass die Gesetze, die wir beschlossen haben, einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht Stand halten werden.“ Auch SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann hofft darauf. Zugleich kritisierte er: „Leider war auch dieses Gesetzgebungsverfahren wieder von großer Hektik geprägt“. Die Verantwortung für daraus resultierende Probleme trage allein die Bundesregierung. SPD und Grüne hatten ESM und Fiskalpakt mit gebilligt, nachdem die Koalition Wachstumsimpulse zugesagt hatte.

Das Verfassungsgericht befasst sich am Dienstag mit Eilanträgen gegen die Gesetze zum ESM und zum Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin. Geklagt haben unter anderem die Linksfraktion, die Initiative „Mehr Demokratie“ und der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler. In der öffentlichen Verhandlung geht es zunächst nur darum, ob das Gericht dem Bundespräsidenten bis zur Entscheidung in der Hauptsache verbietet, die Gesetze zu unterzeichnen. Für die Regierung wird Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Maßnahmen verteidigen. Eine Entscheidung über die Eilanträge wird noch im Juli erwartet.

An die Adresse Karlsruhes wurden derweil weitere Mahnungen laut. Der FDP-Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff zweifelte die Urteilsfähigkeit der Richter in europäischen Angelegenheiten an. „Deshalb kommt es gelegentlich zu Fehleinschätzungen aus Unkenntnis“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“.

Die Linke-Fraktion kritisierte, Versuche von Koalitionspolitikern, mit Schreckensszenarien Druck auf das Verfassungsgericht auszuüben, zeugten von mangelndem Respekt und erheblicher Nervosität. Die Kläger rügen unter anderem, die Verpflichtungen für den ESM überstiegen das, was der Bundestag verantworten dürfe. Dem Parlament entgleite die „haushaltspolitische Gesamtverantwortung“. Der ESM führe dazu, dass die Europäische Union zu einer „Haftungs- und Transferunion“ werde.

Am Wochenende hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) vor gravierenden Folgen nicht nur für Deutschland gewarnt, sollten ESM und Fiskalpakt scheitern. „Deswegen habe ich keinen Zweifel, dass das Bundesverfassungsgericht auch diese Zusammenhänge in die eigene Urteilsbildung einbeziehen wird.“

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will derweil nicht öffentlich auf den Appell von Bundespräsident Gauck antworten, sie solle die Euro- Rettungsmaßnahmen besser erklären. „Die Worte des Bundespräsidenten stehen für sich“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Es sei guter Brauch, dass die Kanzlerin öffentliche Äußerungen des Präsidenten nicht kommentiere. Für einen Dialog zwischen beiden gebe es reichlich Möglichkeiten, „das findet ja auch statt“.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte „Spiegel Online“ (Montag), inzwischen versuche Merkel sich „ein bisschen an einer Europa-Erzählung“. Er kritisierte aber: „Man kann am europäischen Projekt nicht so visionslos arbeiten wie die Kanzlerin.“ Gauck hatte am Sonntag gesagt, Merkel habe bei der Euro-Rettung „nun die Verpflichtung, sehr detailliert zu beschreiben, was das bedeutet.“

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