Krise bei den Piraten bewirkt Rücktritte im Vorstand

Berlin (dpa) - Die Krise der Piratenpartei eskaliert: Nach monatelangem Sinkflug in den Umfragen ziehen sich nun auch noch zwei Mitglieder des Bundesvorstands zurück. Zuletzt waren in dem Gremium massive Meinungsverschiedenheiten öffentlich geworden.

Die Berlinerin Julia Schramm erklärte am Freitag ihren sofortigen Rücktritt vom Vorstandsposten, der Baden-Württemberger Matthias Schrade kündigte für die Zeit nach dem Bundesparteitag Ende November seinen Rückzug an. Nach dem ZDF-„Politbarometer“ würden die Piraten im theoretischen Fall einer derzeitigen Bundestagswahl nicht den Sprung ins Parlament schaffen.

Die 27-Jährige Schramm sagte der Nachrichtenagentur dpa, ihre Entscheidung stehe in keinem Zusammenhang mit der Arbeit innerhalb des Parteigremiums. Ihr Beschluss sei vielmehr eine persönliche und grundsätzliche Entscheidung.

Parteichef Bernd Schlömer sieht die Führung trotz der Rückzüge weiter arbeitsfähig. Er bedauere die Schritte von Schramm und Schrade, sagte Schlömer am Freitag auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz in Berlin. Er selbst wolle weiter im Amt bleiben. Neuwahlen zum Vorstand gebe es vorerst nicht. Die Zuständigkeiten würden aber neu verteilt.

Im Freitag veröffentlichten „Politbarometer“ verloren die Piraten erneut einen Punkt und kamen auf jetzt vier Prozent. Vor einem Jahr hatten sie in Umfragen noch zweistellige Zustimmungswerte. Schlömer sagte dazu: „Es kann und wird auch wieder aufwärts gehen.“

Schramm erläuterte zu ihrem Rücktritt: „Aus dem Ehrenamt Politik ist ein Beruf geworden, den ich so nicht ausüben möchte.“ Sie lehne eine Anpassung ihres Denkens und Handelns, wie sie notwendig zu werden scheine, ab. Nach dem Bundesparteitag werde sie sich auch aus der Parteiarbeit zurückziehen und auf ihre Doktorarbeit konzentrieren, sagte die Politikwissenschaftlerin. Im vergangenen Monat war Schramm nach Veröffentlichung ihres Buchs „Klick mich“ wegen ihrer Haltung zum Urheberrecht in den eigenen Reihen heftig kritisiert worden, nachdem ihr Verlag illegale Kopien im Internet hatte löschen lassen.

Schrade begründete seinen Rückzug mit einem tiefen Konflikt mit dem Politischen Geschäftsführer Johannes Ponader. „Eine Zusammenarbeit mit Johannes Ponader ist mir schlichtweg nicht möglich“, sagte Schrade am Freitag der Nachrichtenagentur dpa. Da dieser den Bundesvorstand offenbar nicht verlassen wolle und Neuwahlen nicht absehbar seien, bleibe ihm keine anderem Wahl. Er werde sich künftig auf die Parteiarbeit außerhalb des Bundesvorstands konzentrieren, sagte Schrade, der wie Schramm als Beisitzer in das neunköpfige Gremium gewählt wurde.

Schlömer betonte, er habe mit Ponader gesprochen, ihn aber nicht zum Rücktritt aufgefordert. Er wünsche sich, dass der Gechäftsführer „die Kritik positiv aufnimmt“. Dieser solle darüber nachdenken, wie er seine Aufgabe wahrnehme.

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