Kurswechsel in Niedersachsen zu Rot-Grün

Hannover (dpa) - Nach dem knappen Wahlsieg in Niedersachsen will Rot-Grün den Kurs der künftigen Regierung mit Schwerpunkten in der Agrar- und Bildungspolitik schnell festzurren.

Die Koalitionsgespräche sollen rasch beginnen, erklärten beide Parteien am Montag. Während die Grünen sich selbstbewusst präsentierten, stellte die SPD ein Bündnis auf Augenhöhe in Aussicht.

Ein Politikwechsel von Schwarz-Gelb zu Rot-Grün sei nun auch im Bund möglich, sagte der voraussichtliche SPD-Ministerpräsident Stephan Weil. Ihren hauchdünnen Vorsprung von einem Landtagsmandat haben SPD und Grüne nur wenigen hundert Wählerstimmen zu verdanken.

„Das wird ein Bündnis der Gemeinsamkeit, ein Bündnis der Kooperation“, sagte SPD-Landesgeschäftsführer Michael Rüter. Inhaltlich erwarte er keinen großen Dissens mit den Grünen. Erste Ziele seien für die SPD die Abschaffung der Studiengebühren und Akzente in der Regionalpolitik.

„Wir wollen dieses Land mit der SPD regieren“, sagte der Grünen-Spitzenkandidat Stefan Wenzel. Wie Co-Spitzenkandidatin Anja Piel sagte, wollten die Grünen angesichts ihres guten Abschneidens viel von ihren Vorstellungen in die Verhandlungen einbringen. Umwelt, Bildung und Agrarwende seien Schwerpunkte.

Die niedersächsische CDU wird nach Worten ihres Generalsekretärs Ulf Thiele schnell ihre Oppositionsrolle im Landtag annehmen. Man werde es Rot-Grün nicht leicht machen. Schwerpunkte für die FDP seien die Schuldenbremse und der Erhalt des dreigliedrigen Schulsystems, sagte Generalsekretär Gero Hocker.

Der geschlagene Regierungschef David McAllister (CDU) schloss am Abend anders als zuvor nicht mehr aus, nach dem offiziellen Ende seiner Amtszeit - voraussichtlich am 19. Februar - mittelfristig Fraktionschef der CDU im Landtag zu werden. Vorläufig solle dieses Amt aber Björn Thümler übernehmen, erklärte er.

Die Wirtschaft in Niedersachsen sieht den knappen Wahlerfolg von SPD und Grünen unterdessen skeptisch und warnte vor neuen Belastungen der Unternehmen. Jobs seien in Gefahr, falls der Haushalt mit Steuererhöhungen gestützt oder ein Mindestlohn eingeführt würde, sagte der Chef der Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN), Volker Müller.

Die entscheidenden Stimmen zum Kurswechsel in Niedersachsen kamen nach Informationen der Forschungsgruppe Wahlen aus dem Landkreis Hildesheim. Dort bekam SDP-Kandidat Bernd Lynak gerade einmal 334 Erststimmen mehr als CDU-Konkurrent Frank Thomas Wodsack. Hätte die CDU diesen Wahlkreis gewonnen, hätte das dem schwarz-gelben Lager auch bei vollem Ausgleich der Überhangmandate eine Mehrheit gesichert.

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis verlor die CDU in Niedersachsen 6,5 Punkte, blieb aber mit 36,0 Prozent stärkste Kraft - gefolgt von der SPD, die auf 32,6 Prozent (plus 2,3) kam. Die Grünen erzielten 13,7 Prozent (plus 5,7), die FDP erreichte 9,9 Prozent (plus 1,7) und die Linke 3,1 Prozent (minus 4,0).

Die Differenz zwischen den Lagern Rot-Grün und Schwarz-Gelb betrug gerade mal 12 409 Wählerstimmen. Mit Überhang- und Ausgleichsmandaten ergibt sich folgende Sitzverteilung: CDU 54; SPD 49; Grüne 20; FDP 14.

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