Lewentz löst Beck als SPD-Chef von Rheinland-Pfalz ab

Mainz (dpa) - Neue Ära in Rheinland-Pfalz: Nach fast zwei Jahrzehnten Kurt Beck hat die SPD einen neuen Landeschef - Roger Lewentz. Der Landesparteitag in Mainz wählte den 49-jährigen Innenminister am Samstag in Mainz mit 95,3 Prozent.

Als künftige Ministerpräsidentin nominierte die SPD einstimmig Sozialministerin Malu Dreyer. Beck bedankte sich bei seinen Genossen und räumte in seiner Abschiedsrede als Parteichef Fehler am Nürburgring ein. Der 63-Jährige wurde SPD-Ehrenvorsitzender.

Der neue SPD-Landesvorsitzende Lewentz, der Innen- und Verkehrsminister, räumte vor rund 900 Delegierten und Gästen Fehler in der Nürburgring-Affäre ein: „Wir haben bei der Konzeption Fehler gemacht, folgenschwere Fehler.“ Nun gehe es darum, in der Partei Vertrauen zurückzubekommen.

Beck bedankte sich in einer fast eineinhalbstündigen Rede bei Genossen und Bürgern. „Dankeschön dafür, dass mir als jemandem, der aus einem Handwerk, aus einem Maurerhaushalt kommt, trotzdem von den Bürgern (...) seit mehr als 18 Jahren das Vertrauen entgegengebracht worden ist.“ Im Januar tritt Beck auch als Regierungschef aus gesundheitlichen Gründen ab.

Der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel würdigte ihn: „Mit Kurt Beck gibt heute einer der ganz Großen der deutschen Sozialdemokratie den Staffelstab weiter.“ Indirekt bat Gabriel um Entschuldigung für die Querelen, die 2008 zum Rücktritt Becks als SPD-Chef in Berlin führten: „Es war damals auch für die SPD, nicht für Kurt Beck, eine Schande, wie er gegangen ist“, sagte Gabriel in Mainz.

Dreyer rief zum Aufbruch auf. Als Ministerpräsidentin wolle sie sich den Problemen um den Nürburgring stellen und auch die Einhaltung der Schuldenbremse angehen. Als Schwerpunkte nannte sie die Alterung der Gesellschaft, mehr Bürgerbeteiligung und eine soziale und ökologische Wirtschaft. Dem grünen Koalitionspartner versicherte sie Loyalität. In der SPD will sie im Team spielen: „Ich bin offen für kritische Ratschläge.“ Lewentz nannte Dreyer die künftige Nummer eins im Land. Dreyer hat Multiple Sklerose, fühlt sich aber fit genug für ihren künftigen Job.

Beck räumte wie Lewentz Fehler beim inzwischen insolventen Nürburgring ein, verteidigte aber den Ausbau. „Bei zwei bis drei Punkten hätte man heute andere Entscheidungen getroffen“, sagte er über das riesige Erlebniszentrum an der Eifel-Rennstrecke. Man müsse Großprojekte kritischer prüfen. Aber: „Wenn wir keine Kraft mehr haben, Entscheidungen zu treffen, dann macht man nichts mehr falsch, ja, dann ist es genauso sicher, dass es abwärts geht.“

Der Pfälzer hatte seinen Rückzug mit Problemen mit der Bauchspeicheldrüse begründet. Die SPD verabschiedete ihren langjährigen Landesvorsitzenden mit fast fünf Minuten Applaus und ein wenig Wehmut.

Die CDU verabschiedete Beck mit harscher Kritik: „"Danke Kurt" - danke für das Millionengrab am Nürburgring, die Rekordverschuldung, klamme Kommunen und Unterrichtsausfall in Rheinland-Pfalz.“

Mit Grünen-Landeschef Uwe Diederichs-Seidel sprach erstmals ein Grüner auf einem SPD-Landeseparteitag in Rheinland-Pfalz. Er bezeichnete Rot-Grün als ein Vorbild für die Bundestagswahl. DGB-Landeschef Dietmar Muscheid freut sich nach eigenen Worten auf die Zusammenarbeit mit Dreyer. Das Kernanliegen sozialer Gerechtigkeit sei bei ihr in besten Händen.

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