Merkel hat „vollstes Vertrauen“ zu Ministerin Schavan

Berlin (dpa) - Nach neuen Plagiatsvorwürfen wird Bildungsministerin Annette Schavan im Kampf um ihren Ruf von Kanzlerin Angela Merkel und mehreren Kabinettskollegen unterstützt. „Die Ministerin hat mein vollstes Vertrauen“, sagte Merkel in Berlin.

Allerdings machte sie deutlich, dass nur die Universität Düsseldorf die Doktorarbeit Schavans beurteilen könne. Der Druck auf die Universität stieg, die CDU-Ministerin selbst anzuhören. Schavan selbst wies den Täuschungsvorwurf in Interviews zurück und besteht auf einer Anhörung. Von der Hochschule war am Montag zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Zuvor war ein internes Gutachten bekanntgeworden, in dem der Vorsitzende des zuständigen Promotionsausschusses laut Medienberichten eine Täuschungsabsicht bei der 32 Jahre alten Doktorarbeit feststellt. Der Ausschuss soll einem weiteren Uni-Gremium, dem Fakultätsrat, nun eine Empfehlung abgeben. Merkel betonte: „Die Hochschule ist unabhängig in ihrer Urteilsfindung. Insofern habe ich davor natürlich den notwendigen Respekt.“

Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) und Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) stärkten Schavan den Rücken. Rösler wandte sich gegen eine Vorverurteilung. „Ich gehe von einem fairen Verfahren aus“, sagte der Wirtschaftsminister der Deutschen Presse-Agentur (dpa). De Maizière sagte den „Ruhr Nachrichten“ (Dienstag): „Ich finde es unerhört, dass dieses Gutachten an die Öffentlichkeit gekommen ist, ohne ihr zuvor Gelegenheit zu geben, dazu selbst Stellung zu nehmen.“ FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte, er rechne damit, dass alle Vorwürfe durch andere Gutachter oder die Ministerin geklärt werden.

Die SPD hält den Rücktritt Schavans für unausweichlich, falls sich der Plagiatsverdacht bestätigen sollte. „Sie kann als Wissenschaftsministerin ihre Arbeit nicht mehr glaubwürdig tun, sollten sich die Vorwürfe erhärten“, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte, sie müsse sich an ihren Maßstäben im Fall Karl-Theodor zu Guttenberg messen lassen. Schavan hatte wegen der Plagiatsvorwürfe gegen den damaligen CSU-Verteidigungsminister gesagt, sie schäme sich als Wissenschaftlerin „nicht nur heimlich“.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte der „Rheinischen Post“ (Montag): „Die Glaubwürdigkeit, die sie für eine gute Amtsführung braucht, hat sie schon verloren.“ Grünen-Chef Cem Özdemir sagte hingegen, es gelte die Unschuldsvermutung.

Schavan setzte sich gegen die Vorwürfe zur Wehr. „Ich habe zu keinem Zeitpunkt bei der Arbeit an meiner Dissertation versucht zu täuschen“, sagte sie der „Rheinischen Post“. „Sobald mir der Promotionsausschuss Gelegenheit dazu gibt, werde ich zu den Vorwürfen Stellung nehmen.“ An diesem Dienstag unternimmt Schavan zunächst wie geplant eine Dienstreise nach Israel.

Schavan kritisierte zugleich das Bekanntwerden von Einzelheiten des Gutachtens: „Es ist ein bemerkenswerter Vorgang, dass ein vertrauliches Gutachten eines Hochschullehrers der Presse vorliegt, bevor die Betroffene von der Existenz des Gutachtens weiß.“

Schavan hat aus Expertensicht Chancen, ihren Doktortitel zu behalten. „Nach dem, was man jetzt weiß, handelt es sich nicht um eine Parallele zum Fall Guttenberg“, sagte der Bonner Wissenschaftsrechtler Wolfgang Löwer der dpa. Ein Titelentzug sei noch nicht sicher. „Es ist eine Frage der relativen Schwere und des Ermessens.“ Die Fakultät solle Schavan jetzt anhören.

Die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität überprüft seit mehreren Monaten Schavans Doktorarbeit aus dem Jahr 1980 auf Plagiatsvorwürfe. Wie „Spiegel“ und „Süddeutsche Zeitung“ berichten, hat der Gutachter Stefan Rohrbacher auf 60 von 351 Seiten Mängel gefunden und eine leitende Täuschungsabsicht festgestellt. In der Arbeit „Person und Gewissen“ geht es darum, wie das Gewissen und eigenverantwortliche Handeln gestärkt werden kann.

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