Nach Stuttgart-Wahl: Grüne zuversichtlich - CDU besorgt

Stuttgart (dpa) - Nach ihrer Niederlage bei der OB-Wahl in Stuttgart sorgt sich die CDU um ihre Akzeptanz bei den Wählern in Großstädten. Dagegen blicken die Grünen nach dem spektakulären Wahlsieg von Fritz Kuhn zum Stuttgarter Oberbürgermeister zuversichtlich in das Wahljahr 2013.

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte, Kuhns Sieg sei ein riesengroßes Signal weit über Stuttgart hinaus. Baden-Württemberg sei auch ein Beispiel dafür, „was in Bayern möglich wäre“, sagte sie dem TV-Sender Phoenix mit Blick auf die dortige Landtagswahl in nächsten Herbst.

Die CDU will sich nach der Niederlage in Stuttgart weiter um eine stärkere Position in deutschen Metropolen bemühen. Es sei „eine bleibende Herausforderung“, Großstadtgesellschaften als Volkspartei noch stärker ansprechen zu können, sagte Generalsekretär Hermann Gröhe am Montag nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin.

Baden-Württembergs CDU-Landeschef Thomas Strobl sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Die großen Städte sind für die CDU insgesamt ein schwieriges Pflaster geworden. Wir tun uns im Moment schwer, das Lebensgefühl der Menschen dort zu treffen.“ Die CDU müsse den Weg der Öffnung und gesellschaftspolitischen Modernisierung konsequent weiter gehen. „Das wird kein Sprint, sondern das ist ein Marathonlauf.“ In Stuttgart, der sechstgrößten Stadt Deutschlands, stellte die CDU fast 40 Jahre lang den Rathauschef.

Der 57-jährige Kuhn, der am Sonntag den zweiten Wahlgang der OB-Wahl klar mit 52,9 Prozent der Stimmen gewonnen hatte, drückte am Montag aufs Tempo. Er plane, rasch den Ausbau der Kinderkrippen voranzutreiben und den Feinstaub zu begrenzen. „Da muss mehr Tempo ran“, sagte Kuhn am Montag in Stuttgart. Er übernimmt das Amt am 7. Januar von Wolfgang Schuster (CDU), der nicht mehr angetreten war.

Der parteilose, von CDU, FDP und Freien Wählern unterstützte OB-Kandidat Sebastian Turner (45,3 Prozent) räumte seine Niederlage ein. „Bei jeder Wahl gibt es Gewinner und Verlierer. Ich bin nicht der Gewinner der Wahl von gestern.“ Die CDU hatte schon bei der Landtagswahl 2011 nach fast 60 Jahren die Macht an Grün-Rot abgeben müssen - Winfried Kretschmann ist seitdem erster grüner Regierungschef.

Der Politikwissenschaftler Oscar Gabriel sieht die CDU in Baden-Württemberg vor einer langen Durststrecke. Während sie nicht aus dem Schatten von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus herauskomme, sei es den Grünen in der Landesregierung gelungen, Vorbehalte konservativer Wähler zu zerstreuen. „Da wird es für die CDU langfristig sehr schwer werden, wieder eine Alternative aufzubauen“, sagte der Stuttgarter Professor der Nachrichtenagentur dpa.

Noch schlechter sehe es hingegen für die SPD aus, die jetzt überhaupt erstmal wieder ihren Platz finden müsse. Bei der OB-Wahl in der Landeshauptstadt war die von der SPD aufgestellte Kandidatin Bettina Wilhelm (parteilos) im ersten Wahlgang mit 15,1 Prozent abgeschlagen auf dem dritten Platz gelandet und hatte ihre Kandidatur dann zurückgezogen. „Es zeichnet sich deutlich ab, dass sich die politischen Auseinandersetzungen in Baden-Württemberg in erster Linie zwischen der CDU und den Grünen abspielen werden“, sagte der Politologe Gabriel.

Die SPD will nun in Karlsruhe ein Lebenszeichen von sich geben. Dort soll Kultusstaatssekretär Frank Mentrup bei der OB-Wahl am 2. Dezember zeigen, dass noch mit den Sozialdemokraten zu rechnen ist. Mentrup weiß aber auch um die aktuelle Schwäche seiner Partei in Baden-Württemberg. Sie stehe zurzeit im Schatten des Zweikampfs zwischen CDU und Grünen. Letzte hätten es geschafft, sich als neue Volkspartei zu etablieren.

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