Nord-CDU mit Rücktritt von de Jager in Führungskrise

Kiel (dpa) - Schleswig-Holsteins CDU-Vorsitzender Jost de Jager zieht sich unerwartet aus der Politik zurück und stürzt seine Partei damit in eine Führungskrise. Als Grund nannte er politische und persönliche Motive nach einem für die Landespartei und ihn selbst schwierigen Jahr.

De Jager war erst im September 2011 Landesvorsitzender und Spitzenkandidat geworden, weil sein Vorgänger Christian von Boetticher damals als Konsequenz aus einer Beziehung zu einer Minderjährigen seine Ämter aufgab. Wer die Nord-CDU nun führen soll, ist völlig unklar. Ex-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen regte an, über eine Mitgliederbefragung nachzudenken.

Die CDU hatte bei der Landtagswahl im Mai die Regierungsmacht in Kiel verloren. De Jager selbst wurde Ende November mit einem nur mäßigen Ergebnis zum Landesvorsitzenden wiedergewählt. Er werde seinen Rücktritt an diesem Donnerstag vollziehen, sagte de Jager am Nachmittag in Kiel. „Ich scheide ohne Groll aus dem Amt.“

Ein Nachfolger soll am 16. März gewählt werden. De Jager wird sich dann auf dem Landesparteitag auch nicht wie geplant um die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl im Herbst bewerben. Im Rennen um die Direktkandidatur im Wahlkreis Flensburg-Schleswig hatte er sich nur äußerst knapp gegen eine unbekannte Kommunalpolitikerin durchgesetzt.

Wenige Wochen später wurde er zum CDU-Landesvorsitzenden wiedergewählt. Er bekam aber kaum 80 Prozent. Ein wirklich starkes Signal der Unterstützung für ihn sei damit ausgeblieben, sagte de Jager. De Jager will sich nun beruflich neu orientieren.

Die Summe der Ereignisse der vergangenen Jahres hätten zu seiner Entscheidung geführt, sagte der CDU-Landeschef. Er habe sie am Montag der Bundesvorsitzenden Angela Merkel mitgeteilt und den Eindruck gewonnen, dass sie Verständnis für seine Motive habe.

Einen „geborenen“ Nachfolger de Jagers gibt es nicht. In der Bundestagsfraktion sitzen mit dem Chef der CDU-Kommunalpolitiker im Norden, Ingbert Liebing (49), dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesinnenministerium, Ole Schröder (41), sowie dem früheren Landes- und Fraktionsvorsitzenden Johann Wadephul (49) einflussreiche Christdemokraten aus dem Land. Eine wichtige Rolle in der Partei spielt seit langem der Europaabgeordnete Reimer Böge (61).

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