Pro Asyl: Steigende Asylbewerberzahl erfordert Handeln

Frankfurt am Main (dpa) - Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl ruft Bund, Länder und Kommunen angesichts steigender Asylbewerberzahlen zum Handeln auf. „Deutschland wird sich weiter auf einen deutlichen Anstieg einrichten müssen“, sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt der Nachrichtenagentur dpa.

Afghanistan bleibe ein Fluchtland, der Irak sei nach wie vor instabil, und aus Syrien stehe ein großer Zustrom noch bevor. Deutschland habe bislang versäumt, sich darauf einzustellen.

Die Zahl der Asylsuchenden ist in diesem Jahr kräftig nach oben gegangen. Der Staat habe die Kapazitäten in Asylbewerberunterkünften in den vergangenen Jahren aber kontinuierlich abgebaut, sagte Burkhardt. „Man ging davon aus, dass die Konflikte Deutschland nicht erreichen.“ Das sei allerdings ein Trugschluss gewesen. Von Januar bis Ende November baten knapp 60 000 Menschen in Deutschland um Asyl. Das ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Plus von mehr als 40 Prozent. Die Dezember-Zahlen kommen noch hinzu.

Aus dem zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hieß es auf dpa-Anfrage, der Stand zum Jahresende sei noch nicht verfügbar. Auch die weitere Entwicklung sei „nicht zuverlässig prognostizierbar“. Ein wesentlicher Faktor sei aber die weitere Entwicklung der Lage in Krisenstaaten wie Syrien. „Handelsblatt Online“ berichtete, für Dezember werde in dem Bundesamt mit rund 8000 weiteren Asylanträgen gerechnet. Das ergäbe eine Zahl von 68 000 Anträgen für das gesamte Jahr - und einen Anstieg um knapp 50 Prozent gegenüber 2011.

In der Asylbewerberstatistik gehen die Zahlen seit einigen Jahren wieder allmählich nach oben. 2007 hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen vorläufigen Tiefpunkt registriert - mit weniger als 20 000 Erstanträgen auf Asyl. Seitdem hat sich die Zahl verdreifacht. In den vergangenen Monaten sorgte vor allem ein gesteigerter Zugang von Asylsuchenden aus Serbien und Mazedonien für Diskussionen. Die weiteren wichtigsten Herkunftsländer waren in diesem Jahr Afghanistan, Syrien und der Irak.

Von den Dimensionen der 90er Jahre, als regelmäßig mehr als 100 000 Asylbewerber nach Deutschland kamen, ist die aktuelle Entwicklung aber weit entfernt. 1992 verbuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das bisherige Allzeithoch - mit mehr als 400 000 Erst- und Folgeanträgen von Asylsuchenden.

Der Geschäftsführer von Pro Asyl beklagte, heute herrsche eine Politik der Abschottung gegenüber Flüchtlingen in ganz Europa. „Man schließt die Grenzen, schließt die Augen und sorgt nicht vor“, kritisierte Burkhardt. Er forderte ein Umsteuern. Der Staat solle etwa an Flüchtlinge aus Syrien mit familiären Bindungen nach Deutschland großzügig Visa vergeben und müsse dringend neuen Wohnraum für Asylbewerber schaffen.

Dass viele Kommunen über zu große Belastungen durch Asylsuchende klagten, sei „Jammern auf extrem hohem Niveau“, so Burkhardt. Es sei durchaus organisierbar, diese Zahl an Asylbewerbern in Deutschland unterzubringen. Er verwies auf die Anstrengungen der Türkei im Umgang mit syrischen Flüchtlingen. Mehr als 100 000 Syrer sind vor Kämpfen in Camps im Nachbarland Türkei geflüchtet, Zehntausende weitere sollen dort außerhalb von Lagern leben.

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