Protestwelle gegen Sterbehilfe-Gesetzentwurf

Berlin (dpa) - Gesetzespläne aus dem Bundesjustizministerium zur Sterbehilfe lösen Empörung aus. Ärzte sehen sich - gegen ihren Willen - zu Sterbehelfern abgestempelt. Das Ministerium erstaunt der Ärger.

Massive Kritik kam aus den Reihen der Union, von der Bundesärztekammer und von Patientenschützern.

Nach dem der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch vorliegenden Gesetzentwurf soll gewerbliche Sterbehilfe mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden, Sterbe-Beihilfe für Angehörige und andere nahestehende Personen jedoch ungeahndet bleiben. Wörtlich heißt es ergänzend dazu: „Auch Ärzte oder Pflegekräfte können darunter fallen, wenn eine über das rein berufliche Verhältnis hinausgehende, länger andauernde persönliche Beziehung entstanden ist, wie dies z. B. beim langjährigen Hausarzt oder einer entsprechenden Pflegekraft der Fall sein kann.“

„Das ist inakzeptabel, denn es öffnet dem Missbrauch Tür und Tor“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Jens Spahn (CDU) der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Mittwoch). Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, sprach von einem „Stück aus dem Tollhaus“. Das Ministerium schaffe damit die Rechtsgrundlagen für Ärzte als Sterbehelfer. „Unsere Position ist klar, als Sterbehelfer stehen wir Ärzte nicht zur Verfügung.“

Das Bundesjustizministerium wies die Vorhaltungen als unzutreffend zurück. „Neues Strafrecht wird eingeführt, kein Strafrecht abgeschafft“, sagte Ministeriumssprecher Anders Mertzlufft. Mit der Ergänzung des Strafgesetzbuches werde „mitnichten der gesamte Berufsstand der Ärzte straffrei gestellt“. Es gehe vielmehr um „Spezialfälle“ besonders enger und langer persönlicher Beziehungen, bei denen ein Beteiligter „dann zufällig auch Arzt ist“.

Mertzlufft sprach von äußerst schwierigen rechtlich-moralischen Fragen. Der Entwurf befinde sich in der Ressortabstimmung und sei „keine Herzensangelegenheit“ von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Sie setze lediglich den Wunsch der Koalitionsspitzen um. Ob das Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet werden kann, ließ der Sprecher offen.

Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, wies die Kritik aus Union und Ärzteschaft als „substanzlos“ zurück. Der Präsident der Berliner Ärztekammer, Günther Jonitz, begrüßte im Gegensatz zu Montgomery den Gesetzentwurf. Es sei zwar richtig, dass Ärzte keine Sterbehelfer seien, „aber in begründeten Einzelfällen können sie Patienten auf diese Art von ihrem Leid befreien“, sagte er dem Berliner „Tagesspiegel“ (Donnerstag).

Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, mahnte in der „Bild“-Zeitung (Mittwoch): „Es muss klar sein, das sich Ärzte und Pfleger nicht an aktiver Sterbhilfe beteiligen.“ Es dürften „keine Hintertüren geöffnet werden“.

Der Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, bemängelte, es bleibe unklar, was unter Strafe stehen und was straffrei bleiben solle. Offensichtlich wolle die Justizministerin ein ungeliebtes Vorhaben der Koalition auf diesem Weg scheitern lassen. Dabei sei eine eindeutige Regelung für die Suizidvermittlung wichtig.

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