Reform der Kirche: Bischöfe wagen sich aus der Deckung

Dürfen geschiedene Katholiken, die wieder geheiratet haben, mit dem Segen der Kirche zur Kommunion gehen?

Reform der Kirche: Bischöfe wagen sich aus der Deckung
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Die deutschen Bischöfe wagen sich aus der Deckung. Auf die Frage „Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene - ja oder nein?“ antworten sie mit einem „Ja, aber nur wenn...“ Grundsätzlich sollte es nach ihrem Willen möglich sein, aber keinesfalls immer, sondern im begründeten Einzelfall.

Nach der derzeitigen Linie der Kirche dürfen Katholiken, die geschieden sind und wieder geheiratet haben, nicht zur Kommunion gehen. Kaum ein Katholik in Deutschland findet das noch zeitgemäß. Vielen kommt es sogar reichlich gemein vor: Da ist unter Umständen jemand betrogen worden, hat dann sein Glück gefunden und neu geheiratet — und wird von der Kirche bestraft.

Eine Mehrheit der deutschen Bischöfe will das Verbot nun lockern. Wenn es nach ihnen geht, wäre die Linie künftig: Der Partner, der betrogen worden ist, darf wieder, der Betrüger nicht. Wie das zu prüfen wäre, bleibt vorläufig ein Geheimnis. Für viele Nicht-Katholiken ist die ganze Diskussion schon lange nicht mehr nachvollziehbar. Warum sollen geschiedene Katholiken nicht überhaupt zum zweiten Mal kirchlich heiraten dürfen?

Die Erklärung dafür ist einfach: Jesus selbst war radikal gegen Scheidung. Seine Haltung in dieser Frage ist durch vier Textstellen in drei verschiedenen Evangelien belegt. „Was Gott verbunden hat, darf der Mensch nicht trennen“, sagte er demnach.

Allerdings geht aus den Textstellen auch hervor, dass Jesus die Verhältnisse seiner Zeit vor Augen hatte. Männer konnten ihre Frauen damals fast nach Belieben verstoßen und eine andere heiraten. Jesus verbot das — worauf seine Anhänger frustriert reagierten: „Da sagten die Jünger zu ihm: Wenn das die Stellung des Mannes in der Ehe ist, dann ist es nicht gut zu heiraten.“ (Matthäus 19, 10).

In einem gestern veröffentlichten Papier erinnern die deutschen Bischöfe daran, dass die katholische Kirche die Unauflöslichkeit der Ehe immer verteidigt hat. Notfalls sogar, wenn dafür ein ganzes Königreich vom Glauben abfiel so wie im Falle Englands, dessen König Heinrich VIII. sich im 16. Jahrhundert von Rom lossagte, weil der Papst seine Ehe nicht annullieren wollte.

Inzwischen ist die Kirche allerdings wieder 500 Jahre weiter. Und mittlerweile konstatiert die Deutsche Bischofskonferenz, dass selbst Pfarrer die Linie zu Geschiedenen als „problembehaftet“ erleben. In der Praxis stünden sie „vor kaum zu überwindenden Schwierigkeiten“.

Manche Passagen des Papiers klingen fast nach einem Aufruf zu mehr Demokratie: „Gerade in den Fragen von Sexualität, Ehe und Familie ist der Glaubenssinn der Gläubigen zu beachten.“ Nun heißt es: auf Franziskus hoffen. Denn nur er kann eine Kursänderung herbeiführen.

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