Rösler verordnet seiner Partei das Ende der Trauerarbeit

Der FDP-Vorsitzende betreibt Seelenmassage, doch den Nerv der Delegierten treffen Brüderle und Westerwelle.

Frankfurt. Es gibt Momente bei diesem Bundesparteitag, da spürt man den Willen der FDP-Spitze mehr als deutlich, die Wählergunst-Misere möglichst schnell hinter sich zu lassen.

Rainer Brüderles Debattenbeitrag über den Zustand der Partei ist so ein Beispiel. Jeder der 82 Debattenredner bekommt fünf Minuten Redezeit. Beim Fraktionsvorsitzenden macht die sensible Tagungsregie — je länger er redet — eine große Ausnahme. Die „gefühlten fünf Minuten“ sind nach knapp einer halben Stunde vorbei.

Brüderle wird allgemein bescheinigt, er habe durch seinen Wechsel vom Wirtschaftsministerium an die Fraktionsspitze enorm an politischer Statur gewonnen. „Aber dass er einen Saal derart zum Kochen bringen kann, das hätte ich nicht gedacht“, sagt ein Begleiter.

Dabei setzt der Fraktionschef inhaltlich gar keine neuen Akzente. Aber er predigt Grundwertebewusstsein und Selbstbehauptungswillen in der Koalition. Und er krönt das mit einem Satz: „Im Zweifel für unsere Überzeugungen lieber mal eine Wahl verlieren als den Verstand.“

Der Satz trifft in der Frankfurter Messehalle die Stimmungslage der Delegierten. Die Lage der Partei sowie der Euro-Mitgliederentscheid haben aus einem eigentlich geplanten Bildungsparteitag einen zweitägigen Krisen- und Bildungskonvent gemacht, den ein sichtlich frustrierter FDP-Vorsitzender Rösler mit seiner Rede eröffnet.

Natürlich erhält er nach seiner knapp einstündigen Rede stehende Ovationen. Aber Delegierte sprechen danach von einer eher mittelmäßigen Rede.

Perfekt erfüllt hat Rösler seine Mission der innerparteilichen Seelenmassage nicht. Seine Botschaft: „Tränen trocknen und Taschentücher einstecken“.

Die Euro-Debatte prägt wie kein anderer Außenminister Guido Westerwelle. „Europa hat seinen Preis, es hat aber auch seinen Wert“, ruft er mit Wut im Bauch. Donnernder Applaus. Die Kritiker der Euro-Hilfe sind hier deutlich in der Minderheit. Kurz vor Weihnachten wird das Ergebnis des Euro-Entscheids vorliegen.

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