Schwarz-Gelb beschwört Erfolg bei Koalitionstreffen

Berlin (dpa) - Trotz hartnäckigen Koalitionsstreits bis zuletzt über zentrale Vorhaben beschwören Union und FDP einen Erfolg ihres Spitzentreffens an diesem Sonntag. CSU-Chef Horst Seehofer sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Es geht um die Regierungsfähigkeit der Koalition.“

Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) betonte in der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag): „Die Koalition wird zeigen, dass sie handlungsfähig ist.“ Die FDP will ebenfalls kompromissbereit in die Kanzleramtsrunde gehen, stichelte aber gegen ihre Koalitionspartner. Die Opposition warnte vor Wahlgeschenken auf Kosten der Steuerzahler.

Bei den schwarz-gelben Reizthemen zeichneten sich am Samstag keine raschen Annäherungen ab. Die CSU sieht die FDP-Forderung nach einem Verzicht auf die Praxisgebühr weiter skeptisch. Dann müsse überlegt werden, „was wir an die Stelle der Praxisgebühr setzen, wenn das Geld in einigen Jahren gebraucht wird“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt der „Mittelbayerischen Zeitung“ (Samstag). Dagegen warb FDP-Generalsekretär Patrick Döring erneut für die Abschaffung der Gebühr von zehn Euro im Quartal. Neben der Entlastung der Versicherten fiele bürokratischer Aufwand für Arztpraxen weg, sagte er im WDR-Hörfunk. Die Union will auch über Beitragssenkungen reden.

Die FDP pocht indes weiter auf eine Gegenfinanzierung für das vor allem von der CSU gewünschte Betreuungsgeld. „Neue Ausgaben auf Pump darf es nicht geben“, sagte Döring der Nachrichtenagentur dpa in Glauchau am Rande eines Parteitages der Sachsen-FDP. Das Ziel, ab 2014 auf ein strukturelles Defizit im Haushalt zu verzichten, dürfe durch keinen Kompromiss gefährdet werden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich erneut für das Betreuungsgeld aus. „Wir werden die nicht an den Pranger stellen, die sich ein paar Jahre zu Hause dafür entscheiden, ihre Kinder erziehen zu wollen“, sagte sie auf einem CDU-Parteitag in Mecklenburg-Vorpommern. Auf weitere Streitpunkte ging sie nicht ein.

Seehofer verlangte Entscheidungen bei Rente, Haushalt, Krankenversicherung und Familienpolitik. „Wir müssen in allen vier Bereichen am Sonntag Ergebnisse bringen.“ Dies sei auch nötig, um für eine Wiederauflage von Schwarz-Gelb nach der Bundestagswahl 2013 werben zu können. Döring kritisierte Uneinigkeit in der Union vor dem Spitzentreffen. „Wir sind das marktwirtschaftliche Korrektiv dieser Koalition. Bei den Irrungen und Wirrungen in Teilen der Union muss es eine vernünftige Partei geben“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“ (Samstag).

FDP-Chef Philipp Rösler wandte sich gegen einen „Kuhhandel“ bei der Lösungssuche. „Jedes Thema ist es wert, für sich behandelt zu werden“, sagte der Vizekanzler am Samstag während einer Indien-Reise. Er habe sich auch schon mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ausgetauscht, der bei dem Koalitionstreffen am Sonntagabend wegen einer Mexiko-Reise nicht dabei ist. Schäuble sagte der „Rheinischen Post“ (Samstag), teure Überraschungen werde es nicht geben. „Im Koalitionsausschuss wird nichts Finanzwirksames beschlossen, das nicht vorher mit dem Finanzminister abgestimmt ist.“

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin erwartet dagegen, dass Union und FDP „ihren Konsens darüber finden, dass sie mehr Geld ausgeben“. Die Koalition habe kein Konzept, „wie man angesichts eines sich abzeichnenden wirtschaftlichen Abschwungs (...) zu soliden Finanzen zurückkehrt“, sagte er im SWR-Hörfunk. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann warnte: „Es geht um einen Kuhhandel um Wahlgeschenke.“ Junge Politiker von Union und FDP mahnten laut „Bild am Sonntag“ Haushaltskonsolidierung als oberstes Ziel an.

Döring sagte im RBB, bei der Rente seien Union und FDP noch am weitesten von einem Kompromiss entfernt. Diskutiert wurde unter anderem über eine stärkere Anrechnung von Erziehungszeiten. Thema der Koalitionäre sollen auch zusätzliche Investitionen in Verkehrswege sein. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Lars Lindemann mahnte Erfolge für seine Partei an: „Wenn dieser Koalitionsgipfel keine vorzeigbaren Ergebnisse zeitigt, stellt sich die Frage, wann denn dann liberale Erfolge kommen sollen, die uns helfen, unsere Glaubwürdigkeit zurückzuerlangen“, sagte er der dpa.

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