Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün in Sachsen

Dresden/Berlin (dpa) - Die CDU in Sachsen hat die Wahl zwischen einem Bündnis mit der SPD oder mit den Grünen. Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sieht in einer knappen Mehrheit für Schwarz-Grün keinen Hindernisgrund für diese erstmalige Koalitionsvariante in einem ostdeutschen Land.

Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün in Sachsen
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Natürlich seien „auch drei oder vier Stimmen im Prinzip ein solides Ergebnis, wenn man sich vertraut und wenn man sich einig ist über die politischen Ziele“, sagte Tillich am Montag nach Sitzungen der CDU-Gremien in Berlin. Sollte sich die CDU nach Sondierungen mit beiden Parteien für Koalitionsverhandlungen mit der SPD entscheiden, sollen deren Mitglieder über ein gemeinsames Bündnis mitentscheiden, kündigte SPD-Spitzenkandidat Martin Dulig an.

Eine Koalition mit der rechtskonservativen AfD, die mit knapp zehn Prozent überraschend stark geworden war, hatte Tillich am Wahlabend bereits ausgeschlossen. Erleichtert zeigten sich die im Bundestag vertreten Parteien über das knappe Scheitern der rechtsextremen NPD, wodurch Schwarz-Grün eine Option wird.

Allerdings verlangte die NPD eine Neuauszählung der Stimmen. Die Partei, gegen die ein Verbotsverfahren läuft, war mit 4,95 Prozent äußerst knapp gescheitert. Am Ende fehlten ihr nur 809 Stimmen. „Die NPD wird daher alle juristischen Mittel ausschöpfen, um durch eine Neuauszählung das wirkliche Wahlergebnis zu erfahren“, teilte der Landesverband mit.

Die CDU hatte bei der Wahl zwar ihr bisher schlechtestes Ergebnis eingefahren, ist aber weiter stärkste Kraft im Landtag. Nach dem Scheitern der FDP braucht sie jedoch einen neuen Koalitionspartner.

Kanzlerin Angela Merkel sieht im Wahlerfolg der AfD in Sachsen „ein großes Stück Protest“. „Diesen Protest müssen wir dadurch auflösen, dass wir als Union, als CDU die Themen ansprechen und lösen, die die Menschen vor Ort bewegen“, sagte sie in Berlin. Merkel sprach von einem „herausragenden Wahlergebnis“ und einem klaren Regierungsauftrag für die CDU in Sachsen.

Die Partei hatte am Sonntag 39,4 Prozent (minus 0,8 Punkte) erreicht. Auf den zweiten Platz kam die Linke mit 18,9 Prozent (minus 1,7), auf den dritten die SPD mit 12,4 (plus 2). Die erstmals angetretene AfD erreichte 9,7 Prozent. Die Grünen kamen auf 5,7 Prozent (minus 0,7). Auch die FDP flog mit 3,8 Prozent aus dem Landtag.

Dies ergibt folgende Sitzverteilung: CDU 59, Linke 27, SPD 18, AfD 14 und Grüne 8. Die Beteiligung lag bei nur 49,2 Prozent. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte eindringlich Bemühungen, um dies zu steigern. „Wir feiern in diesem Jahr den 25. Jahrestag des Mauerfalls und haben ein Bundesland, in dem weniger als die Hälfte der Menschen zur Wahl gegangen ist.“ Er schlug ein Bündnis aller demokratischen Parteien vor, das einem Trend zum Anti-Parlamentarismus entgegenwirken solle.

Die SPD wird nach den Worten von Landes-Parteichef Martin Dulig selbstbewusst in Gespräche gehen. „Jetzt rede ich noch nicht über den Schlusspunkt eines Koalitionsvertrages“, sagte Dulig der dpa. Der Ball liege bei der CDU. Er werde den Einsatz für einen besseren Betreuungsschlüssel in Kitas, mehr Lehrer und gegen Niedriglöhne in den Sondierungsgesprächen selbstbewusst einbringen. Am Ende werde die sächsische SPD ihre Mitglieder über ein Bündnis abstimmen lassen.

Die Grünen sind grundsätzlich zwar bereit zu Bündnisgesprächen mit der CDU, aber skeptisch. Maßstab für Sondierungen und Verhandlungen sei aber das Wahlprogramm ihrer Partei, erklärten Parteichefin Simone Peter und die Spitzenkandidatin Antje Hermenau. Fraktionschefin Göring-Eckardt sagte im Südwestrundfunk (SWR) über Schwarz-Grün in Sachsen: „Ich sehe das heute noch nicht.“ Besonders umstritten ist die künftige Nutzung der Braunkohle, die die Grünen beenden wollen.

Die Linkspartei warf SPD und Grünen vor, in Sachsen nicht auf eine Wechselstimmung gesetzt zu haben. Nur der Linken sei es gelungen, die CDU herauszufordern, sagte Parteichefin Katja Kipping.

Der größte Wahlgewinner, die Alternative für Deutschland (AfD) wehrte sich gegen den Vorwurf, sie bemühe sich aktiv um Rechtsradikale. Die sächsische Landeschefin und Bundessprecherin Frauke Petry sagte: „Natürlich sind uns alle Wähler gleich wichtig.“ Möglicherweise hätten aber einige Bürger, die früher aus Protest gegen die etablierten Parteien die NPD gewählt hätten, jetzt ihr Kreuz bei der AfD gemacht. Co-Chef Bernd Lucke sagte im Deutschlandfunk: „Wir machen keine Stimmung gegen Ausländer. Wir setzen uns ein für ein geordnetes Zuwanderungsrecht.“

Laut Infratest-dimap-Zahlen für die ARD sollen in Sachsen am Sonntag rund 13 000 ehemalige NPD-Wähler die eurokritische AfD gewählt haben. Noch mehr Stimmen habe die rechtskonservative Partei aber der Linkspartei (15 000) und der CDU (33 000) abgejagt.

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