Seehofer: Das Ende des Alleinkommandos

Parteispitze der CSU lässt ihn spüren, dass ab jetzt mehr Erklärungen und Kompromisse vom Chef gefragt sind.

München. Wenige Tage vor seinem 65. Geburtstag hat sich Horst Seehofer wieder einmal neu erfunden: Der CSU-Spitze verspricht der Parteichef bei einer Vorstandsklausur ab sofort einen pfleglichen Umgang. Wo der alte Seehofer wichtige Entscheidungen alleine traf und gnadenlos über Vorstandskollegen lästerte, da sagt der neue Seehofer umfassende Gesprächsbereitschaft zu.

„Reden verbindet, und reden stärkt“, sagt der Parteivorsitzende am Samstagabend nach dem neuneinhalbstündigen Treffen der Parteispitze. „Es hat sich etwas verändert, und es wird sich etwas verändern. Wenn Sie so wollen, hat sich auch bei mir etwas verändert.“

Der Anlass der Veränderungsbereitschaft: Bei der Europawahl fuhr die CSU am 25. Mai 40,5 Prozent ein — ihr schlechtestes Ergebnis bei einer überregionale Wahl seit 1954. Die Folge war öffentliche Kritik am Parteivorsitzenden: Der frühere CSU-Chef Erwin Huber bescheinigte Seehofer einen Führungsstil nach dem Prinzip Befehl und Gehorsam wie im 19. Jahrhundert. Niemand aus der Parteispitze sprang Seehofer bei. Diese drei Faktoren — Wahlschlappe, öffentliche Kritik und fehlende Unterstützung — hätten Seehofer tief getroffen, heißt es in der CSU-Spitze.

Dieser reagierte verunsichert. In den Tagen vor der Klausur überlegte er Dinge, die viele CSU-Spitzenpolitiker als skurril oder überflüssig empfanden. So wollte Seehofer die Wahlprogramme nachträglich zum zweiten Mal beschließen und den Fahrplan für die Regelung seiner Nachfolge bestätigen lassen. Dabei sind weder die Wahlprogramme noch der Fahrplan intern groß umstritten. Explizite Abstimmungen darüber stießen in der CSU-Spitze denn auch auf Ablehnung: „Dafür sehe ich keinen Anlass“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt stellvertretend für viele.

So wird in der Klausur deutlich, dass Seehofer auch nicht mehr unumschränkt schalten und walten kann: Er verzichtet auf eine formelle Abstimmung jeder Art, stattdessen klatschen die übrigen Vorstandsmitglieder nach seiner Rede lange und ausführlich Beifall. Damit gilt die Zustimmung als erteilt.

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