SPD kritisiert de Maizière bei NSU-Aufklärung

Berlin (dpa) - Die SPD hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) mangelndes Engagement bei der Aufklärung der Neonazi-Mordserie vorgeworfen.

Vor einer Sondersitzung des Bundestags-Untersuchungsausschusses zur rechten Terrorzelle NSU sagte die SPD-Obfrau Eva Högl, der Minister habe nichts unternommen, das Agieren des Militärgeheimdienstes MAD und der Bundeswehr während der Radikalisierung der rechten Szenen in den 90er Jahren zu untersuchen. „Er hat auch nichts dazu beigetragen, den Ausschuss bei der Aufklärung der Zusammenhänge zu unterstützen.“

Vor dem Untersuchungsausschuss sollen im Laufe des Tages mehrere Vertreter von MAD und Verteidigungsministerium als Zeugen befragt werden, darunter der frühere MAD-Präsident Karl-Heinz Brüsselbach.

Erst im September war ans Licht gekommen, dass der Bundeswehrgeheimdienst bereits in den 90er Jahren auf den späteren Terroristen Uwe Mundlos aufmerksam geworden war und eine Akte zu ihm angelegt hatte. Auch das Verteidigungsministerium, das für den MAD zuständig ist, wusste davon. Der Ausschuss hatte empört auf die verspätete Information reagiert und die Sondersitzung zum Thema angesetzt. Mundlos war als Wehrpflichtiger zweimal befördert worden, obwohl seine rechtsextremistischen Umtriebe bei der Bundeswehr bekannt waren und ein Strafverfahren gegen ihn lief.

Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele sagte, dies sei kein Einzelfall. Er habe Erkenntnisse, dass in den Jahren bis 2006 als rechtsextrem bekannte und vom MAD registrierte Soldaten bei der Bundeswehr bleiben durften - „und zwar an höchst geheimer Stelle, bei der strategischen Aufklärung beispielsweise“. Ein MAD, der so mit seinen Informationen umgehe, „der schadet mehr, als er nützt“, sagte Ströbele. Der Fortbestand des MAD wurde im Zuge der NSU-Affäre nicht nur von den Grünen, sondern auch von FDP und Linken in Frage gestellt.

Gegen Mittag wollte der Ausschuss seine Sitzung für eine Aktuelle Stunde zur bisherigen Aufklärung der NSU-Affäre unterbrechen. Die Neonazi-Terrorzelle war vor einem Jahr aufgeflogen. Den Rechtsextremisten werden zehn Morde an türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin zwischen 2000 und 2007 zur Last gelegt.

Am Rande der Ausschusssitzung machten Politiker von FDP und Grünen ihrem Ärger über die jüngste Aktenvernichtung in Berlin Luft. Der FDP-Obmann Hartfrid Wolff sagte, er sei „wirklich sauer“, dass erneut Unterlagen geschreddert worden seien. Der Grünen-Obmann Wolfgang Wieland sprach von einem „weiteren betrüblichen Kapitel“ bei der Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU).

Am Dienstag war bekanntgeworden, dass Ende Juni zahlreiche Akten des Berliner Verfassungsschutzes zu Rechtsextremisten geschreddert wurden. Darunter waren auch zwei Ordner über die rechtsextreme Band Landser.

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