Bundesjugendspiele Sportlehrer: „Das Leben ist ein Wettbewerb“

Die Bundesjugendspiele einfach abschaffen? Sportlehrer halten von dieser Idee nicht viel — dafür von mehr Training.

Bundesjugendspiele: Sportlehrer: „Das Leben ist ein Wettbewerb“
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Düsseldorf. Zwei Wochen sind vergangen, seit die Petition über die Abschaffung der Bundesjugendspiele durchs Land gezogen ist. Zu viel Konkurrenz, zu viel Zwang, zu viel Schmerz für unsportliche und somit erfolglose Kinder, zu viel Demütigung für jene, deren Teilnehmerurkunde im Feld von Sieger- und Ehrenurkunden ein Papier von Tristesse ist — das waren die wesentlichen Beweggründe der Mutter Christine Fink, die den sportlichen Wettkampf in der Schule beseitigt sehen wollte.

Seither hat sich die Welt weitergedreht, die Bundesjugendspiele und Ehrenurkunden des Bundespräsidenten gibt es noch immer — und die Welt ist um Argumente reicher, warum das sportliche Messen in der Schule eben doch durchaus hilfreich sein kann.

Etwa so hat es der „Spiegel“-Kolumnist Achim Achilles, alias Journalist Hajo Schumacher geschrieben, gäben die Bundesjugendspiele den Kindern zumindest mal eine Idee davon, dass man mit dem Körper mehr machen kann als eine Computer-Maus zu bewegen. Das ist natürlich bösartig und satirisch, trifft aber eigentlich den Kern: In Zeiten, in denen sportliche Betätigung virtuell vor allem auf dem Computer-Bildschirm stattfindet, kann ein sportlicher Wettbewerb jenseits von Frustration durchaus auch Motivation hervorrufen.

Der Bund deutscher Sportlehrer jedenfalls sieht keinen Grund, die seit den 1950er Jahren existierenden Bundesjugendspiele abzuschaffen — wenn sie denn angemessen vorbereitet seien — „mit pädagogischer Hinführung, Begleitung und Nachbereitung“, wie Achim Rix, Präsident des Verbandes deutscher Sportlehrer unserer Zeitung sagte.

Rix hält es für geboten, innerhalb dieses Wettkampfes individuelle Leistung zu bewerten, eben „profitorientiert“, nimmt aber den Vergleich mit anderen Teilnehmern keinesfalls aus. „Damit muss man umgehen lernen“, sagt der Pädagoge und findet, dass „Sieg oder Niederlage, erster Platz oder Platzierung im Feld der Teilnehmer eigentlich nicht demütigend sind“. Die Antragstellerin Finke spreche sich ja vergleichbar auch nicht gegen den Matheunterricht und die Rückgabe einer Klassenarbeit in jenem Zahlenfach aus.

Also gehe es laut Rix viel mehr darum, wie welche Bewertung über die Leistung hinaus vorgenommen werde. Dabei dürfe Diskriminierung weder von Lehrern noch unter den Schülern eine Rolle spielen. „Die in der Vorbereitung auf die Spiele gezeigte Leistung, die Anstrengungsbereitschaft, die Kompetenz in der Kooperation, die persönliche Entwicklung und anderes sind ebenfalls Leistungsfaktoren.“

Faktoren, die den Wettkampf relativieren können und ihm seine absolute, positive wie negative Kraft nehmen können. Dass die Initiatorin Finke auch die Freiwilligkeit des Wettbewerbs fordert, ist laut Rix bereits berücksichtigt. Schulen hätten die Freiheit, „neben dem Wettkampf auch den Wettbewerb oder vergleichbare Formen anzubieten.“ Gedemütigte Schüler jedenfalls seien das Gegenteil von dem, was der Sportunterricht erreichen wolle.

Und um es mit dem sportlichen Kolumnisten Achilles zu sagen: „Das ganze Leben ist ein Wettbewerb. Genau diese Zuspitzung von Leben finden wir an WM-Finals oder olympischen 100-Meter-Rennen doch so spannend. Man nennt es vorbereiten, fokussieren, Leistung abrufen. Wenn’s nicht so läuft, werden halt die Fehler analysiert und weitere Anläufe unternommen.“ Ohne Tränen. Und mit Urkunden gleich welcher Fasson.

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