Staat profitiert vom steigenden Strompreis

Mehrwertsteuer bringt Milliarden ein. Studie: Arme zahlen überproportional viel.

Berlin. Günther Reisner ist sauer und hat daher mal genau nachgerechnet. Den Stromverbrauch in Deutschland hat er mit 26 Cent Kilowattstundenpreis multipliziert. Plus 13 Prozent Preiserhöhung.

Und davon die Mehreinnahmen bei der Mehrwertsteuer abgezogen. Unterm Strich kommt das Vorstandsmitglied der CDU-Mittelstandsvereinigung auf 3,4 Milliarden Euro Mehrwertsteuer, die der Staat 2013 zusätzlich kassiere.

Doch seine Rechnung hat einen Haken. Nur ein Viertel des deutschen Stromverbrauchs wird mit dem vollen Privatkundenpreis von 26 Cent je Kilowattstunde belegt, der Großteil entfällt auf Industrie, Handel und Landwirtschaft, die viel weniger für Strom zahlen.

So dass Fachleute nur auf eine bis 1,5 Milliarden Euro mehr kommen. Reisner beharrt auf der Korrektheit seiner Rechnung. Aber ihm gehe es vor allem darum, dass der Staat nicht zum Nutznießer der Rekorderhöhungen werde.

Der Streit verdeutlicht, dass alle Seiten den Strompreis gerade zu eigenen Zwecken instrumentalisieren. Eine Sprecherin von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) blockt Forderungen nach einer Rückgabe der Mehrwertsteuer-Mehreinnahmen an die Stromverbraucher ab.

„Das ist schlicht falsch“, sagt sie zu Reisners Berechnung. Die Erfahrung zeige, was der Bürger hier mehr ausgebe, spare er an anderer Stelle. Unter dem Strich nehme der Staat dadurch gar nicht mehr ein.

Ein Grund für Preiserhöhungen sind steigende Ausgaben für die Ökostromförderung und eine Ausweitung von Rabatten für Unternehmen. Fakt ist: Der Strompreis kommt an kritische Grenzen, auch weil der Staatsanteil inzwischen 50 Prozent erreicht hat.

Union und FDP haben zuletzt noch weitere Umlagen, etwa für Zusatzkosten zum Anschluss von See-Windparks und zur Sicherung der Stromversorgung im Winter drauf gepackt. Bevor die Erhöhungen in zwei Wochen Millionen Bürger in der Realität des Alltags ereilen, verschärft sich daher noch einmal die Kostendebatte.

Das Institut der deutschen Wirtschaft hat am Montag eine Studie veröffentlicht, wonach arme Haushalte gemessen am verfügbaren Geld mehr als sechsmal so viel für die Erneuerbare-Energien-Umlage aufbringen müssen wie die oberen zehn Prozent in Deutschland.

Dietmar Schütz, der Präsident des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE), sieht darin einen weiteren Angriff: „Die Studie stellt den gezielten Versuch dar, die Erneuerbaren Energien für soziale Not in Deutschland verantwortlich zu machen. Das dient ausschließlich dazu, Stimmung gegen die Energiewende zu machen.“

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